Neue Technologie
Cell Broadcast: So funktioniert das neue Warnsystem für Katastrophen in Deutschland

09.03.2023 | Stand 17.09.2023, 1:14 Uhr

Bei einem Probealarm am 8. Dezember funktionierte Cell Broadcast nicht auf allen Handys. −Symbolbild: dpa

An diesem Donnerstag wird es laut in Bayern. Um Punkt 11 Uhr schrillen die Sirenen eine Minute lang. Grund zur Sorge ist dies ausnahmsweise nicht, denn es handelt sich um einen landesweiten Probealarm, bei dem auch das sogenannte Cell Broadcast überprüft werden. Doch was ist das eigentlich?



Situationen, in denen viele Menschen gleichzeitig gewarnt werden müssten, gibt es leider immer wieder. Man denke nur an das verheerende Hochwasser aus dem Jahr 2013, das in Passau und Umgebung unzählige Schäden angerichtet hat. Das neue Warnsystem soll auf genau solche Gefahren frühzeitig hinweisen können – und zwar komplett unabhängig von Radio und Fernsehen oder den Sirenen. Doch was genau ist Cell Broadcast und wie funktioniert es? Wir haben uns beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe schlau gemacht.

Was ist Cell Broadcast?

Cell Broadcast ist ein Mobilfunkdienst, mit dem Warnnachrichten direkt auf das Handy oder Smartphone geschickt werden können. Mehrere Bundesbehörden, die Mobilfunkbetreiber in Deutschland und Handyhersteller sind an der Entwicklung beteiligt. Für Cell Broadcast Warnmeldungen wird eine Standardtechnologie des Mobilfunknetzes genutzt: Jedes Mobilfunkendgerät registriert sich automatisch in einer Funkzelle, über die ein Netzempfang hergestellt wird. Der zentrale Verteiler einer Funkzelle kann dann in umgekehrter Richtung Warnmeldungen an alle Mobilfunkendgeräte versenden.



Bei Warnmeldungen über Cell Broadcast handelt es sich ausschließlich um Textnachrichten. Der Vorteil hierbei ist, dass alle in einem Gebiet befindlichen Personen, die ein dafür eingerichtetes, empfangsbereites Mobilfunkendgerät bei sich führen, als Empfängerin und Empfänger einer Warnmeldung anonym erreicht werden können. Findet ein Gefahrenereignis statt, bekommen alle Personen innerhalb der betroffenen Funkzelle eine Warnmeldung in Form einer Cell Broadcast-Nachricht auf ihr Mobilfunkendgerät. Der hierfür erforderliche Datenverkehr wird auch durch ein erhöhtes Aufkommen an Mobilfunkgesprächen nicht beeinflusst.

Selbst wenn eine Gesprächseinwahl in der Funkzelle wegen Überbuchung nicht möglich ist, hat dies keinen Einfluss auf die Datenübertragung einer Warnmeldung über Cell Broadcast.

Wie funktioniert das neue Warnsystem?

Die englischen Begriffe Cell und Broadcast lassen sich mit "Zellenausstrahlung" übersetzen. Gemeint sind Funkzellen, in denen Informationen ausgestrahlt werden. Die Funkzellen werden von Mobilfunkmasten erzeugt. Damit Handys, Smartphones und andere Mobilfunkgeräte unterwegs Daten senden und empfangen können, buchen sie sich in eine so genannte Mobilfunkzelle ein. Sie stellen also eine Verbindung zwischen sich und einem Mobilfunkmast her. So kommt auch eine Textnachricht vom Sendemast der Funkzelle an alle eingebuchten Geräte.

Was sind die Voraussetzungen für Cell Broadcast als Warnmittel?

Die Technologie Cell Broadcast setzt voraus, dass das Mobilfunknetz störungsfrei funktioniert, das Endgerät eingeschaltet ist und Cell Broadcast-Meldungen empfangen kann. Wie bei allen Warnkanälen und Warnmitteln müssen die auslösenden Stellen die Warnung über Cell Broadcast eigenverantwortlich und rechtzeitig über das modulare Warnsystem MoWaS einsetzen, damit die Betroffenen effektiv auf ein Ereignis reagieren können. Hierbei muss besonders bedacht werden, dass angesichts der Beschränkung bei den Textzeichen die Warnung sehr präzise formuliert sein muss. Bürgerinnen und Bürger müssen ihre Mobilfunkendgeräte unter Umständen so konfigurieren, dass die Warnung auch empfangen werden kann. Entsprechende Informationen stellen die Hersteller der Endgeräte, das BBK sowie die Mobilfunkanbieter zur Verfügung.

Welche Geräte können Cell Broadcast empfangen?

Eine abschließende Aussage zu allen Cell Broadcast-empfangsbereiten Geräten in Deutschland ist aktuell nicht möglich, da viele Faktoren für die Empfangbarkeit eine Rolle spielen. Dazu gehören unter anderem:
- Betriebssystem (Android oder iOS) und Version
- Gerätehersteller
- Firmenhardware

Eine Auflistung der bekannten Endgeräte, die Cell Broadcast-Meldungen sicher technisch empfangen können, finden Sie auf der Webseite des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe.

Wie erkenne ich, dass die eingehende Cell Broadcast-Warnung von einer berechtigten amtlichen Stelle kommt?

Zugang zum Modularen Warnsystem MoWaS haben ausschließlich Behörden des Bundes, der Länder und der Kommunen. Der Absender der Warnmeldung ist in der Cell-Broadcast-Warnung benannt. Ferner verweist die Warnmeldung auf das Bundeswarnportal, in dem alle Warnmeldungen angezeigt werden. Auch hierdurch können Sie sich in Zweifelsfällen vergewissern, dass die Warnmeldung von dem angegebenen Absender herausgegeben wurde. Über Cell Broadcast wird aktuell keine Entwarnung versendet. Die Möglichkeiten zu entwarnen werden gegenwärtig geprüft.

Wo stößt der Warnkanal Cell Broadcast an seine Grenzen?

Das regelmäßige Update der Betriebssysteme von Mobilfunkendgeräten ist für die Empfangsfähigkeit von Cell Broadcast-Warnmeldungen zwingend notwendig. Bei älteren Mobilfunkendgeräten, deren Betriebssysteme (Software) nicht mehr aktiv durch die Betriebssystemhersteller aktualisiert werden, ist es nicht ausgeschlossen, dass solche Geräte mit überschaubarem Aufwand noch ertüchtigt werden können. Informieren Sie sich dazu bitte auf der Website oder beim technischen Support Ihres Endgeräteherstellers. Die Cell Broadcast-Technologie erfordert zudem grundsätzlich, dass das Stromnetz und auch das Mobilfunknetz störungsfrei funktionieren. Wirksame Warnung über Cell Broadcast setzt ebenfalls voraus, dass Bürgerinnen und Bürger über entsprechende Mobilfunkendgeräte verfügen und diese betriebsbereit bei sich führen (im Flugmodus erfolgt keine Warnung via Cell-Broadcasting). Die Mobilfunkendgeräte müssen darüber hinaus geladen, eingeschaltet und so konfiguriert sein, dass Cell Broadcast-Warnmeldungen angezeigt (gilt für niedrigere Warnstufen) und unmittelbar wahrgenommen (individuelle Einstellungen) werden können. Diese Voraussetzungen sind insbesondere in den Abendstunden bzw. nachts oftmals nicht durchgängig gegeben, wenn Smartphones bspw. in den Flugmodus versetzt oder außerhalb der Hörweite aufbewahrt/geladen werden. Angesichts der Beschränkung bei den Textzeichen muss die Cell Broadcast-Warnmeldung sehr präzise formuliert sein. Grundsätzlich können über Cell Broadcast weder Audiodateien noch Bilddateien (also z.B. grafische Elemente von Warnmeldungen) übermittelt werden. Daher kann Cell Broadcast nicht alle warnrelevanten Inhalte vermitteln, so dass Zugänge zu ergänzenden Kanälen zwingend erforderlich sind. Auslösende amtliche Stellen müssen die Warnung über Cell Broadcast - wie bei allen Warnkanälen und Warnmitteln - eigenverantwortlich und rechtzeitig einsetzen, damit die Betroffenen effektiv auf ein Gefahrenereignis reagieren können. Die eindeutige Authentifizierung des Absenders ist bei Cell Broadcast-Nachrichten für die Empfängerinnen und Empfänger schwer nachvollziehbar.

Ein erster Test hat gezeigt,dass nicht alle Mobilfunkgeräte in Deutschland mit dem Warnkanal Cell Broadcast erreicht werden. Warum ist das so?

Insbesondere ältere Mobilfunkendgeräte, deren Betriebssysteme (Software) nicht mehr aktiv durch die Betriebssystemhersteller aktualisiert werden, müssen durch Maßnahmen der Endgerätehersteller für den Empfang von Warnungen über Cell Broadcast ertüchtigt werden. Das regelmäßige Update der Betriebssysteme von Mobilfunkendgeräten ist dabei zur Ertüchtigung im Sinne der Empfangsfähigkeit für den Empfang von Cell Broadcast-Warnmeldungen zwingend notwendig.