Prozess um gescheiterten Anschlag in Münchner Fußgängerzone

08.07.2021 | Stand 11.07.2021, 15:56 Uhr

Sven Hoppe/dpa/Symbolbild

Zwei Wochen nach der Bluttat von Würzburg mit drei Toten wird vor Gericht in München ein Fall verhandelt, der nach Ansicht der Ermittler unter Umständen ähnlich hätte ausgehen können. Und auch um das Motiv gibt es ähnliche Rätsel.

«Entschuldigung. Es tut mir leid», sagt der 36-Jährige oft an diesem Tag. Es klingt lapidar dafür, dass es in dem Prozess gegen ihn um nicht weniger als Anschlagspläne geht. Er soll geplant haben, ein Auto zu stehlen und damit möglichst viele Menschen zu überfahren.

Am Freitag hat vor dem Landgericht München I der Prozess gegen einen Mann begonnen, dessen Ziel es gewesen sein soll, in der Fußgängerzone der bayerischen Landeshauptstadt so viele Christen wie möglich zu töten. Die Generalstaatsanwaltschaft hält ihn zwar wegen einer psychischen Erkrankungen für schuldunfähig, geht aber von einem islamistischen Motiv aus. Sie wirft ihm allerdings keinen geplanten Terrorakt vor, sondern nur Angriffe auf Autofahrer.

Der Beschuldigte räumt die Tat und auch seine Pläne im Wesentlichen ein, bestreitet zum Prozessauftakt über seine Anwältin aber ein islamistisches Motiv. Er gibt Angst vor der italienischen Mafia an und war an jenem Tag im Mai 2020 nach Angaben der Verteidigung «von der Vorstellung getrieben, dass seine Familie von der italienischen Mafia getötet worden sei». Es habe sich um «eine Spontantat» gehandelt.

Die Generalstaatsanwaltschaft wirft dem im Iran geborenen Afghanen vor, er habe im Mai 2020 an einer roten Ampel wartende Autofahrer mit einem Messer und einem Hammer bedroht, um so an deren Fahrzeuge zu gelangen. Diese habe er dann durch die Fußgängerzone zwischen Stachus und Marienplatz steuern wollen. Er soll außerdem mit dem Hammer auf die Autos eingeschlagen und dabei «Allahu Akbar» (Allah ist groß) geschrien und sich auf die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) bezogen haben. Seine Versuche, ein Auto zu stehlen, schlugen fehl.

Die Autofahrer, die am ersten Prozesstag als Zeugen geladen sind, sind es auch, an die der Mann seine knappe Entschuldigung richtet. Einer von ihnen beschreibt, wie der Afghane sich aus einer Gruppe von Fußgängern löste, als die Fußgängerampel auf grün sprang. Er sei dann auf das Auto zugekommen, in dem der ältere Mann mit seiner Frau saß. Er habe versucht, die Tür aufzureißen. «Dann hab ich einfach Gas gegeben.» Die Entschuldigung des Mannes auf der Anklagebank will er nicht hören.

Die Generalstaatsanwaltschaft wirft dem 36-Jährigen versuchten räuberischen Angriff auf Kraftfahrer in vier Fällen vor, in zwei Fällen inklusive Sachbeschädigung. Vier Prozesstage sind für die Verhandlung angesetzt, an deren Ende die dauerhafte Unterbringung des Mannes in einer Psychiatrie stehen könnte. Die Ermittler gehen davon aus, dass er schuldunfähig ist und unter Paranoia leidet.

Der Prozess begann genau zwei Wochen nachdem ein 24-Jähriger in einem Kaufhaus in Würzburg drei Frauen erstochen und sieben Menschen verletzt hatte. Der Somalier hatte sich zuvor wiederholt psychisch auffällig gezeigt. Nach Angaben des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann (CSU) gibt es auch Hinweise auf ein mögliches islamistisches Motiv.