Predigten: Kirche soll sich weniger selbst bespiegeln

31.12.2021 | Stand 03.01.2022, 9:20 Uhr

Ludwig Schick, Erzbischof von Bamberg. - Foto: Sebastian Gollnow/dpa/Archivbild

Zum Jahreswechsel halten Bayerns Bischöfe ihre Silvesterpredigten. Einer von ihnen wird besonders deutlich - und fordert den Schutz von Beziehungen «in der Ehe oder in anderen Lebensformen».

Weniger Selbstbespiegelung - und «raus aus der Blase»: Das hat der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick zu Silvester von der katholischen Kirche gefordert. Außerdem müsse man sich für die Achtung und den Schutz liebevoller Beziehungen «in der Ehe oder in anderen Lebensformen» einsetzen, «weil sie Liebe sind und die Liebe für das gute Leben bewahrt werden muss», sagte er laut Redetext in seiner Predigt am Freitag im Bamberger Dom.

Er rief dazu auf, Gebete, Liturgien, Riten und auch viele Kirchenstrukturen zu hinterfragen und zu verändern, die zeitbedingt in der Vergangenheit entstanden seien. Auch mehr Ökumene und interreligiöser Dialog seien notwendig.

In München beklagte Kardinal Reinhard Marx eine weltweit wachsende soziale Ungleichheit. Es gelte, den Blick auf die Probleme der Weltgemeinschaft zu schärfen und «uns einzusetzen für das Leben aller, besonders der Schwachen, der Kranken, derer, die auf der Flucht sind, der Sterbenden, der misshandelten Kinder, der vergewaltigten Frauen», sagte der Erzbischof von München und Freising laut vorab veröffentlichtem Redetext.

«Wäre es nicht ein großer Schritt nach vorn, wenn uns neu und intensiver bewusst würde, wie kostbar unser Leben und das Leben jedes Menschen ist?» Wenn das Leben «nicht nur ein Geschenk für uns, sondern auch für kommende Generationen sein soll», müsse das Verantwortungsgefühl «für das gemeinsame Haus unserer Erde mit Blick auf den Klimawandel größer werden», sagte Marx.

Im neuen Jahr 2022 werde sich vor dem Hintergrund der Pandemie-Erfahrungen zeigen, «ob diese zwei Jahre die Gesellschaft und uns alle trotz aller bitteren Erfahrungen weitergebracht» hätten, meinte Marx. Es sei wichtig, die Kostbarkeit des Lebens zu betrachten: «Ja, es ist zerbrechlich und endlich, aber es ist auch in dieser Begrenztheit ein großartiges, wunderbares Geschenk Gottes, einmalig und unwiederholbar.»

Schick sagte weiter: Die Kirche müsse «raus aus der Blase der Selbstbespiegelung und der Sorgen um sich selbst, ihr Ansehen und ihre Güter hin zum Schatz der Kirche, den sie hüten und vermitteln muss». Der Schatz Jesu Christi bestehe darin, dass alle Menschen die gleiche Würde und die gleichen Rechte hätten. «Der Schatz unseres Glaubens besteht darin, dass wir uns für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung einsetzen», sagte Schick. Konkret nannte er den Schutz des Sonntags, der für das persönliche, soziale und kulturelle Leben unabdingbar sei.

Der evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm sagte in seiner Botschaft zum Jahreswechsel, die Herausforderung für das neue Jahr bestehe darin, miteinander im Gespräch zu bleiben. Dabei sei es geboten, «klar Position zu beziehen», wenn es, wie beim Impfen gegen Corona, «um die Verantwortung für andere, vielleicht um die Verantwortung für Menschenleben» gehe. Doch auch in einer Kontroverse sei das Gegenüber ein Mensch, der «als Mensch zunächst mal einfach Respekt, Achtung und Zuwendung» verdiene: «Zuallererst ist der Mensch ein Mensch».

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