Der Wahlabend live
Landtagswahl in Bayern: CSU historisch schwach - Freie Wähler gewinnen deutlich – FDP raus

08.10.2023 | Stand 09.10.2023, 8:15 Uhr

Das Maximilianeum in München, der Sitz des bayerischen Landtags.  − Foto: Michael Kappeler/dpa

Die CSU von Ministerpräsident Markus Söder ist bei der Landtagswahl in Bayern klar stärkste Kraft geworden - allerdings mit einem historisch schwachen Ergebnis. Die Freien Wähler mit Spitzenkandidat Hubert Aiwanger gewinnen dagegen laut den ersten Hochrechnungen von ARD und ZDF deutlich hinzu.

Lesen Sie dazu auch: Landtagswahl 2023 in Bayern: Das sind die neuen Machtverhältnisse im Maximilianeum

CSU und Freie Wähler wollen nach einem erwartungsgemäßen Sieg bei der bayerischen Landtagswahl gemeinsam weiter regieren. Die größten Gewinne am Wahlsonntag erzielte nach Hochrechnungen gegen 22 Uhr jedoch die AfD am rechten Rand, die voraussichtlich zweitstärkste Kraft im Münchner Maximilianeum werden könnte.

Die CSU kam unter ihrem Parteichef Markus Söder laut Hochrechnungen von ARD und ZDF gegen 22.00 Uhr auf unter 37 Prozent - noch schlechter als 2018 und so wenig wie noch nie bei einer bayerischen Landtagswahl seit 1950. Die Freien Wähler und die AfD liegen in den Hochrechnungen sehr nah beieinander und können je mit rund 15 Prozent rechnen.

Noch am Wahlabend gab es die ersten verklausulierten Rangeleien zwischen den Koalitionspartnern: Aiwanger äußerte diplomatisch den Wunsch nach einem vierten Ministerium: „Natürlich hätten wir das gern, jetzt schauen wir mal, ob die Zahlen das hergeben“, sagte er im ZDF.

Die CSU bremste jedoch etwaige Ansprüche sofort: Man dürfe die Partei „auch in den Koalitionsverhandlungen nicht mehr ausschließlich mit Samthandschuhen anfassen“, sagte deren Parteivize Manfred Weber. Aiwanger will Wirtschaftsminister bleiben, ansonsten stellten die Freien Wähler bislang Kultus- und Umweltminister.

Debakel für die SPD



Die Grünen schnitten laut Hochrechnung schlechter ab als bei der letzten Landtagswahl 2018 und holten laut Hochrechnung ebenfalls an die 15 Prozent. Die in Bayern ohnehin traditionell schwache SPD erlitt ein neuerliches Debakel und landete laut Hochrechnungen mit an die acht Prozent nur auf dem fünften Rang hinter CSU, AfD, Freien Wählern und Grünen.

Die bislang im Landtag noch vertretene FDP scheiterte an der Fünf-Prozent-Hürde und lag laut Hochrechnungen bei unter drei Prozent.

Im Gegensatz zur hessischen CDU bei der dortigen Landtagswahl konnte die CSU unter Söders Regie nicht von der Schwäche der Ampel-Parteien profitieren. Der bisherige und künftige Ministerpräsident wertete das CSU-Ergebnis jedoch als persönliche Bestätigung.

Söder legt im eigenen Stimmkreis zu



„Wie ich gesehen habe, dass über 60 Prozent der Meinung sind in Bayern, dass auch dieser Ministerpräsident gute Arbeit macht, sind auch ein klarer Auftrag an die CSU und mich persönlich, eine starke und stabile Regierung für und in Bayern zu bilden“, kommentierte Söder in der ARD. Seinen eigenen Stimmkreis Nürnberg-Ost gewann er mit 41,5 Prozent und holte damit 3,5 Prozentpunkte mehr als vor fünf Jahren.

Söder beteuerte, seine Ambitionen fürderhin auf den Freistaat beschränken zu wollen: „Mit einer so starken AfD braucht es auch einen sehr starken Ministerpräsidenten“, sagte er im ZDF auf die Frage nach seinem Interesse an einer Kanzlerkandidatur. „Alles andere kommt für mich nicht infrage.“

Aiwanger holt Direktmandat



FW-Chef Aiwanger erzielte in seinem Wahlkreis Landshut einen großen persönlichen Erfolg: Er holte wie auch Wirtschaftsstaatssekretär Roland Weigert ein Direktmandat für die Freien Wähler. Aiwanger war im Wahlkampf wiederholt Populismus vorgeworfen worden, sowohl von der Opposition als auch mehr oder minder offen von Seiten der CSU. Die Freien Wähler verbesserten sich zwar im Vergleich zur Landtagswahl 2018 um über drei Prozentpunkte, doch die rechtspopulistische AfD legte von 10,6 auf knapp 16 Prozent noch weit stärker zu.

AfD-Spitzenkandidatin Katrin Ebner-Steiner erklärte, die Wähler hätten ihrer Partei trotz „Hetze von Söder, Steinmeier und den linken Medien“ eine mutige Stimme gegeben. Söder seinerseits nannte die AfD „in großen Teilen rechtsextrem“. Die Grünen - 2018 noch zweitstärkste Kraft hinter der CSU - erklärten trotz Stimmverlusten ihre Zufriedenheit mit dem Ergebnis. „Die Grünen haben ein sehr starkes Fundament in Bayern, auch wenn der Wind etwas stärker ins Gesicht bläst“, sagte Spitzenkandidat Ludwig Hartmann.

Enttäuschung bei der SPD – Depressionen bei der FDP



Die seit Jahrzehnten an Niederlagen gewöhnten bayerischen Sozialdemokraten reagierten ernüchtert. „Andere Themen, die schwierige Lage insgesamt, in Deutschland, in Europa, haben diesen Wahlkampf komplett überlagert“, sagte Landeschef von Brunn bei der SPD-Wahlparty in München. Er nannte das Ergebnis eine „Enttäuschung“.

Depression herrschte bei der FDP, die zum zweiten Mal in den vergangenen zehn Jahren an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte. „Eine Niederlage heute, die wehtut, die auch mich ganz persönlich schmerzt“, sagte der Landesvorsitzende Martin Hagen. Was das schlechte Abschneiden für ihn persönlich bedeutet, ließ Hagen offen.

Sowohl die AfD als auch die Freien Wähler schnitten auf dem Land wesentlich besser ab als in den großen Städten. Nach Auszählung der ersten 37 Stimmkreise holte der AfD-Abgeordnete Gerd Mannes im schwäbischen Günzburg mit 24,4 Prozent das beste Erststimmenergebnis der Partei. In zahlreichen ländlichen Stimmkreisen lagen Kandidaten von Freien Wählern oder AfD auf Platz zwei hinter den siegreichen CSU-Bewerbern.

Grüne in den Städten stark



Die Grünen sind umgekehrt in den Städten stark: In München lagen die Grünen am späten Abend mit knapp 31 Prozent der Gesamtstimmen vor der CSU mit unter 29 Prozent. Die Münchner Direktkandidaten der Grünen lagen in vier der neun Münchner Stimmkreise deutlich in Führung vor ihren CSU-Konkurrenten, darunter die beiden Spitzenkandidaten Ludwig Hartmann und Katharina Schulze.

In Würzburg holten die Grünen 29,5 Prozent der Gesamtstimmen, nicht allzu weit hinter der CSU mit 31,8 Prozent bekam. Auch in Regensburg (23,9 Prozent) schnitten die Grünen überdurchschnittlich ab, gute Ergebnis von jeweils über 20 Prozent zeichneten sich auch in Nürnberg und Augsburg ab.

Der SPD dagegen standen auch in einstigen Hochburgen wie München und Nürnberg sehr schwache Ergebnisse ins Haus.

− dpa



Landtagswahl in Bayern im Liveticker