Kunst-Initiative zieht in Bayern vor Verfassungsgericht

12.03.2021 | Stand 12.03.2021, 9:57 Uhr

picture alliance / Peter Steffen/dpa/Symbolbild

Schauspieler und Musiker sehen im Corona-Lockdown die Freiheit der Kunst in Gefahr. Die Initiative «Aufstehen für die Kunst» hatte schon einen Eilantrag beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof geplant - und will jetzt noch einen Schritt weiter gehen.

Die Initiative «Aufstehen für die Kunst» will wegen der Schließung von Theatern und Opernhäusern im Corona-Lockdown vor den Bayerischen Verfassungsgerichtshof ziehen. «Wir wollen Mitte der Woche eine Popularklage einreichen, weil wir grundsätzliche Klarheit wollen», sagte der Opernsänger Wolfgang Ablinger-Sperrhacke der Deutschen Presse-Agentur. «Die geplanten allgemeinen Öffnungsschritte zeigen zwar Perspektiven für die Theater auf, sind aus unserer Sicht aber immer noch verfassungswidrig, weil sie inzidenzabhängig sind und mit zahlreichen Auflagen versehen sind, die anderen Bereichen so nicht zugemutet werden.»

Die Initiative sieht die Kunst in ihrer von der Verfassung garantierten Freiheit unrechtmäßig beschränkt. «Vor allem im Verhältnis zu Religion und Industrie sehen wir eine verfassungsmäßige Schieflage», sagte Ablinger-Sperrhacke.

Bereits Ende Februar hatte die Initiative, die unter anderem von der Stargeigerin Anne-Sophie Mutter, dem Dirigenten Kent Nagano, dem Opernsänger Rolando Villazón, den Schauspielern Senta Berger, Edgar Selge und Johanna Wokalek sowie Liedermacher Konstantin Wecker unterstützt wird, einen Eilantrag in Aussicht gestellt, den sie zu gegebener Zeit beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof einreichen will.

«Der Eilantrag ist jederzeit einsatzbereit, der ist fertig», sagte Ablinger-Sperrhacke. «Wir machen das davon abhängig, inwieweit die Öffnungen so kommen wie angekündigt - oder doch wieder zurückgenommen werden.»

Bayerns Kunstminister Bernd Sibler (CSU) hatte zuvor angekündigt, bei der Öffnung von Theatern, Konzert- und Opernhäusern ab dem 22. März «weg von starren Zuschauerzahlen» zu wollen. «Die maximal zulässige Zuschauerzahl wird sich nach den örtlichen Gegebenheiten sowie der Einhaltung des vorgeschriebenen Mindestabstandes und den gängigen Hygienemaßgaben richten», teilte er mit. Details dazu würden noch ausgearbeitet.

Am 4. März 2021 hatte das bayerische Kabinett beschlossen, dass ab dem 22. März Theater, Konzert- und Opernhäuser öffnen können, wenn die 7-Tage-Inzidenz seit mindestens 14 Tagen den Wert von 100 nicht überschritten hat und die Entwicklung des Infektionsgeschehens stabil oder rückläufig ist. Liegt die Inzidenz zwischen 50 und 100, müssen Besucher einen tagesaktuellen, negativen Corona-Schnell- oder -Selbsttest vorlegen, den die Häuser für ihr Publikum auch am Eingang anbieten können. Bei einer stabilen Inzidenz unter 50 sind nach Angaben des Kunstministeriums keine Tests nötig.

«Dass es keine pauschalen Grenzen von 200 Zuschauern gibt - unabhängig von der Lokalität - begrüßen wir natürlich. Trotzdem muss einfach grundsätzlich geklärt werden, wo die Kunstfreiheit steht», sagte Ablinger-Sperrhacke. «Die Religion hat das nicht in diesem Maße aushalten müssen - und wir sind vom Grundgesetz her auf dem gleichen Niveau.»

Der Bayerische Verfassungsgerichtshof ist möglicherweise nicht die letzte Instanz in der Sache - auch das Bundesverfassungsgericht könne ein Ziel sein, sagte der Opernsänger der dpa. «Aber da müssen wir erst mal bestimmte Instanzen durchlaufen. Kunst ist ja Ländersache, aber in jedem Fall wollen wir den Stellenwert der Kunstfreiheit ganz grundsätzlich geklärt haben.»