Corona-Lockdown
„Wir sind emotional am Hund“ – Bayerns Blaskapellen geht langsam die Luft aus

24.01.2021 | Stand 13.09.2023, 6:58 Uhr
−Foto: n/a

Hans Sauerers große Leidenschaft ist das Tenorhorn. Mit seinem Instrument spielt er in der Donaustaufer Blaskapelle, die weit über die Landkreisgrenze hinaus bekannt ist. Doch aktuell kann Sauerer nur zu Hause üben – der neue Probenraum, der mit finanzieller Unterstützung der Gemeinde im Josef-Kienast-Haus des Sportvereins entstanden ist, ist aktuell verwaist.

Donaustauf. Liebevoll haben die Donaustaufer Blasmusiker ihren neuen Raum eingerichtet – der Boden wurde selbst verlegt, die Vorhänge angeschafft, eine kleine Küchenzeile wurde eingebaut. Stühle und Notenständer stehen herum, am Boden sind Markierungen zu erkennen. Abstandsmarkierungen, sagt Hans Sauerer, erster Vorstand der Blasmusiker, denn nach dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 durfte wieder geübt werden – mit Abstand und verringerter Musikerzahl. Dazu wurden Desinfektionsmittel und Trennwände angeschafft – „wir müssen auf Nummer sicher gehen“, sagt Sauerer. Doch jetzt, mitten im zweiten Lockdown, geht seit vielen Wochen nichts mehr in Donaustauf. Und so geht es auch vielen weiteren Blaskapellen in ganz Bayern.

Ihre letzten Auftritte hatte die Donaustaufer Blaskapelle im Frühjahr 2020 beim Faschingszug in Sarching. Im Oktober des vergangenen Jahres konnte man dann noch einmal beim Priesterjubiläum für den ehemaligen Donaustaufer Pfarrer Albert Köppl spielen. Seitdem ist es still geworden. Normalerweise ist der neue Raum der Donaustaufer Blaskapelle vier bis fünf Mal in der Woche belegt, am Freitagabend wird geprobt – zunächst ist die Mini-Band dran, ihr folgen die Jugendblaskapelle und die Blaskapelle selbst. Mittwoch und Donnerstag findet normalerweise Einzelunterricht statt. Das alles fällt nun aus. Zu Hause üben aber, ist gar nicht so einfach, denn bei einer Blaskapelle kommt es – wie bei allen Musikgruppen – nicht nur darauf an, das Stück zu beherrschen, sondern auch, es gemeinsam spielen zu können. Und nach einer längeren Pause dauert es, bis diese Harmonie wieder herrscht – nach dem ersten Lockdown waren etwa drei bis vier Proben nötig, bis das wieder funktioniert hat, schildert Helmut Kumpfmüller, Kapellmeister der Donaustaufer Blaskapelle.

Helmut Kumpfmüller hat die musikalische Leitung der Kapelle inne. Er wählt die Stücke aus, spiel selbst Trompete und E-Bass und ist auch Mitglied einer Combo, die sich aus den Reihen der Blaskapelle gebildet hat. Man kann also nicht nur die gesamte Kapelle buchen, sondern auch kleinere Formationen.

Die Donaustaufer Blaskapelle spielt traditionelle, böhmische Volksmusik, aber auch Stimmungsmusik gehört zum Repertoire. Noch vor 25 Jahren sei man als Blaskapelle in eine bestimmte Schublade gesteckt worden – mittlerweile sei Blasmusik wieder sehr beliebt, auch bei jungen Leuten. Trotzdem habe man früh darauf gesetzt, sich als Blaskapelle zu modernisieren – so ist die Combo entstanden. Weiterhin aber spielt die Blaskapelle auch in Festzelten, auf Fahnenweihen oder Vereinsjubiläen. Mit dieser Kombination haben die Donaustaufer einen echten Trend gesetzt.

Im Jahr 2020 wären fünf Bierzeltauftritte als Festkapelle und der Auftritt am 1. Mai sowie beim Vatertagsfest im Terminkalender gestanden. Sieben kleinere Auftritte, so genannte „Gartengeschäfte“, hätte es auch geben sollen – doch das meiste ist ausgefallen. „Wir sind emotional am Hund“, sagt Kumpfmüller. Vor allem den gut 20 aktiven Musikern geht die Kameradschaft im Verein besonders ab – und auch das Publikum fehlt. Aktuell könne man nur alleine zu Hause üben, sagt Sauerer, dabei gehöre das gemeinsame Musizieren für viele einfach dazu. Man könne Stress abbauen, tauche ein in eine „heile Welt“. Nach dem ersten Lockdown habe man wenigstens wieder proben dürfen, berichtet Kumpfmüller. Das Hygienekonzept war erfolgreich – bei den Proben habe es keine Corona-Ansteckungen gegeben.

Für das Jahr 2021 haben weder Hans Sauerer noch Helmut Kumpfmüller große Hoffnungen: „Wir glauben nicht, dass hier etwas stattfindet“, sagen beide traurig. Etwa fünf Auftritte wären schon gebucht gewesen, doch beide rechnen nicht damit, dass diese stattfinden können. Selbst für das Jahr 2022 üben sich beide in Zurückhaltung. Denn: Selbst wenn Veranstaltungen geplant sind, halten sich viele Festwirte und Vereine mit Buchungen zurück, noch wollen viele keine Verträge für Veranstaltungen im kommenden Jahr abschließen. Sauerer und Kumpfmüller gehen davon aus, dass das Jahr 2021 weiterhin vom Coronavirus geprägt sein wird. Die Impfung werde sicherlich Erleichterung bringen, aber das Jahr 2022 sehen beide auch „nur“ als Übergangsjahr.

Trotzdem muss man natürlich „fit“ bleiben – auch als Musiker ist das Üben wichtig. Und so übt nun jeder alleine zu Hause. Manche nehmen sich dann auf, um so die Kontrolle über den Fortschritt zu haben. „Die Not macht erfinderisch“, sagt Sauerer – auch die Combo hat gerade ein Projekt in der Umsetzung. Man will den Schönfeld-Marsch einzeln und doch gemeinsam spielen. Der Rhythmus für den Marsch wurde an alle verschickt, jeder soll sich nun selbst beim Spielen aufnehmen. Vereinsmitglied Siegmund Schreiber wird die Aufnahmen dann zusammenmischen – „man wird kreativ“, sagt Sauerer.

Die Blaskapelle Donaustauf wurde am 7. März 1975 gegründet, sie ging aus dem Turnermusikzug des Sportvereins Donaustauf hervor. Die „Pflege der Blasmusik, Jugendausbildung sowie gesellschaftliche und kameradschaftliche Zusammenarbeit“ sind die Ziele des Vereins. Diesen Zielen will man auch künftig gerecht werden – und möglichst bald wieder gemeinsam Musik machen. Und: Auch die Einweihung des neuen Probenraumes steht noch aus. Die nämlich fiel im vergangenen Jahr der Corona-Pandemie zum Opfer ...

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