Führung auf Burg Prunn
Pergament, Fehhaar und Berggrün – über die Herstellung des Prunner Codex

21.09.2018 | Stand 03.08.2023, 3:48 Uhr
−Foto: Foto: Bayerische Schlösserverwaltung

Auf Burg Prunn findet in diesem Sommer jeweils am vierten Sonntag im Monat um 14 Uhr eine Reihe von Expertenführungen statt. Die letzte dieser Führungen befasst sich mit dem Prunner Codex, einer handschriftlichen Fassung der Nibelungensage. Jan Braun, Diplomrestaurator bei der Bayerischen Schlösserverwaltung, erklärt bei seinem Rundgang am 23. September wie der Codex hergestellt worden ist.

PRUNN Vor rund 450 Jahren wurde auf Burg Prunn eine der ältesten vollständigen Handschriften des Nibelungenlieds entdeckt, die nach dem Fundort als „Prunner Codex“ bezeichnet wird. Als „Codex“ bezeichnet man mittelalterliche Bücher, die zwischen Holzdeckel eingebunden sind.

Das Heldenepos, das um 1340 in mittelhochdeutscher Sprache verfasst worden ist, gelangte 1575 nach München in die Bibliothek des bayerischen Herzogs Albrecht V., des damaligen Eigentümers von Burg Prunn. Heute befindet sich die wertvolle Handschrift im Tresor der Bayerischen Staatsbibliothek.

Anlässlich der Eröffnung der Dauerausstellung „Burg Prunn und das Nibelungenlied“ im Jahr 2012 konnte die originale Handschrift für kurze Zeit auf der Burg gezeigt werden. Zugleich stellte sich die Frage, was nach der Rückgabe der unersetzbaren Handschrift ausgestellt werden könnte. Es sollte keine digitale Reproduktion sein, sondern eine Handschrift auf Pergament, die dem Original möglichst nahe kommt. Doch wie lässt sich eine solche Aufgabe lösen? Welche Techniken kamen zur Anwendung, welche Handwerker arbeiteten mit? Welche Materialien wurden verwendet? Was versteht man unter Berggrün und Fehhaar? Und wie lassen sich diese Materialien heute beschaffen? Am Anfang standen viele Fragen und es galt kreative Lösungen zu finden. Dabei fertigte der zuständige Restaurator Jan Braun nicht nur ein Faksimile des Textes mit den wunderschön verzierten Initialen, sondern rekonstruierte gemeinsam mit zwei Kolleginnen auch den Einband und die Bindung der Handschrift. Auch diese Aufgabe setzte spannende Forschungen voraus, von denen Jan Braun im Rahmen der Expertenführung erzählen wird. Der Diplomrestaurator studierte Freie Malerei an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg und Restaurierung an der Fachhochschule in Köln. Seit 2002 arbeitet er als Papierrestaurator bei der Bayerischen Schlösserverwaltung. Er begeistert sich für historische Techniken und fertigte bereits mehrere manuell hergestellte Faksimiles für Schlossmuseen an.

Treffpunkt für alle Interessenten ist der Kassenraum von Burg Prunn. Eine telefonische Anmeldung unter der Telefonnummer 09442/ 3323 ist erforderlich. Die Führung ist im Burgeintritt enthalten.

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