Rationale Verwendung
Blut sparen durch „Patient Blood Management“

13.09.2019 | Stand 31.07.2023, 8:43 Uhr
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Patientensicherheit im Krankenhaus hat viele Komponenten. Eine davon ist der verantwortungsvolle Umgang mit Blut. Das Universitätsklinikum Regensburg (UKR) ist als einziges Haus in Stadt und Landkreis Regensburg Netzwerkpartner des „Patient Blood Management“-Programms. Zum Tag der Patientensicherheit am 17. September informiert das UKR über eine rationale Verwendung von Eigen- und Fremdblut in der Krankenversorgung.

REGENSBURG Fast vier Millionen Blutkonserven werden in ganz Deutschland pro Jahr verbraucht. In vielen Fällen ist ihr Einsatz lebensrettend. Dabei sind Blutkonserven eine knappe Ressource. Durch eine alternde Bevölkerung steigt der Bedarf an Transfusionen, gleichzeitig aber sinkt die Zahl der jüngeren, potentiellen Blutspender. Diese Herausforderung alleine würde schon genügen, um einen ressourcensparenden Umgang mit Bluttransfusionen zu rechtfertigen. Dazu kommt aber noch die Tatsache, dass Bluttransfusionen auch Risiken für den Patienten bergen. Denn jede Bluttransfusion ist vergleichbar mit einer Organtransplantation. Das Immunsystem reagiert auf die fremden Zellen und das zu einem Zeitpunkt, in dem es ohnehin bereits mit Krankheitserregern oder der Wundheilung beschäftigt ist. Die Folge: Das Immunsystem gerät unter Stress, was zu einem höheren Infektionsrisiko führt. Auch Schlaganfälle oder Herzinfarkte sind möglich. Ziel der modernen Medizin ist es daher, den Einsatz von Bluttransfusionen zu reduzieren. 2014 wurde das deutsche „Patient Blood Management“-Netzwerk gegründet, welches sich für einen verantwortungsvollen und sicheren Umgang mit der wertvollen Ressource Blut einsetzt. Am Universitätsklinikum Regensburg wird das „Patient Blood Management“ (PBM) seit zwei Jahren unter Federführung der Klinik für Anästhesiologie in einer Pilotphase eingesetzt und soll nun auf das ganze Haus erweitert werden.

„Ziel des ‚Patient Blood Management‘ ist es, Patienten optimal auf Operationen vorzubereiten, also bereits vor der Operation einen optimalen Hämoglobinwert beim Patienten zu erreichen, sowie Blutverluste während des Krankenhausaufenthalts bestmöglich zu reduzieren. Zudem sollen Bluttransfusionen rational und nur dann eingesetzt werden, wenn es medizinisch unbedingt erforderlich ist“, erklärt Professor Dr. Bernhard Graf, Direktor der Klinik für Anästhesiologie des UKR, das Konzept des PBM.

Unnötige Blutverluste vermeiden

In enger Zusammenarbeit mit dem Bereich Transfusionsmedizin des Instituts für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin wurde am UKR in der Abteilung für Gefäßchirurgie sowie in der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie damit begonnen, systematisch die prä-, intra- sowie postoperativen PBM-Maßnahmen einzuführen. Im Wesentlichen zielen diese auf zwei Punkte ab. Zum einen werden alle Patienten vor einer Operation auf eine mögliche Blutarmut getestet. Tatsächlich verfügt fast jeder dritte Mensch über zu wenig rote Blutkörperchen, was in der Regel in einem Eisenmangel begründet liegt. Üblicherweise wird dieser kurzfristig mit einer Bluttransfusion vor der Operation behoben. „Im Rahmen des ‚Patient Blood Management‘-Programms testen wir nun jeden Patienten vor der Operation auf Blutarmut. Wird eine Blutarmut durch Eisenmangel festgestellt, so kann in diesem Fall eine Eisengabe die Blutbildung anregen, wodurch der Patient aus eigener Kraft sein Blutvolumen verbessern kann“, führt PD Dr. Timo Seyfried, Oberarzt in der Klinik für Anästhesiologie und Verantwortlicher für das PBM am UKR, aus.

Zweiter wichtiger Bestandteil des „Patient Blood Managements“ ist es, unnötige Blutverluste zu vermeiden. Bei Probenentnahmen wird hierzu vermehrt dazu übergegangen, das Volumen der diagnostischen Blutentnahmen zu verringern. Bei Operationen wird über einen sogenannten Cell Saver das Wundblut des Patienten aufgefangen, gereinigt und im Anschluss dem Patienten wieder zugeführt. Das als Maschinelle Auto-Transfusion (MAT) bezeichnete Verfahren steht am UKR inzwischen bei jeder Operation zur Verfügung und kann auch bei ungeplanten und Notfalleingriffen zum Einsatz kommen. Dieses Verfahren trägt bei Fällen von massivem Blutverlust dazu bei, überhaupt ausreichend Blut für Transfusionen bereitstellen zu können. Haben Patienten komplexe Antikörper, seltene Blutgruppen oder lehnen sie aus religiösen Gründen Fremdblutspenden ab, ist die MAT oft die einzige Möglichkeit, um komplexe Operationen durchführen zu können.

Eine Besonderheit am Universitätsklinikum Regensburg ist die Aufbereitung des Blutes bei Tumoroperationen. Auch hier wird das Wundblut über den Cell Saver aufgefangen. Eine reguläre Reinigung und Aufbereitung reicht hier allerdings nicht aus, da sich im Wundblut auch aktive Tumorzellen befinden könnten. Bevor das Blut dem Patienten wieder zurückgegeben werden kann, wird das Wundblut in diesen Fällen daher noch zusätzlich bestrahlt, um diese potentiellen Tumorzellen abzutöten.

„Durch die Maßnahmen des ‚Patient Blood Management‘ bleibt das Blut dort, wo es benötigt wird, im Körper des Patienten. So können sich unsere Patienten besser aus eigener Kraft erholen und es muss weniger auf die wertvolle Ressource Fremdblut zurückgegriffen werden“, fasst Professor Graf zusammen.

Nach der erfolgreichen Pilotphase wird das PBM-Programm nun auf alle Bereiche des UKR ausgeweitet. Aktuell findet auch eine Zertifizierung durch die PBM-Initiative statt. „So tragen wir zu einer optimalen Versorgung unserer Patienten bei“, kommentiert Dr. Seyfried.

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