Adelige erlebte Zusammenbruch
Fürstin Gloria von Thurn und Taxis – „Typen wie Strauß fehlen heute!“

17.09.2018 | Stand 13.09.2023, 0:50 Uhr
−Foto: n/a

Vor 30 Jahren brach der Ministerpräsident vor den Augen von Fürstin Gloria und ihrem Mann Johannes zusammen. Sie erzählt, wie sie diesen historischen Moment erlebte.

REGENSBURG Fürstin Gloria von Thurn und Taxis wird heute noch bleich, wenn man mit ihr über die Ereignisse im Herbst 1988 spricht. „Das war alles wie in einem Film mit schlechtem Ausgang“, sagt die Adelige heute. Vor 30 Jahren wurde das Jagdgut ihres Ehemannes, Fürst Johannes von Thurn und Taxis, Schauplatz eines bayerischen Dramas. „Ich stand neben meinem Mann, als wir den Hubschrauber von Franz Josef Strauß landen sahen“, erzählt die Adelige heute. Es war der 1. Oktober, Strauß kam gerade vom Oktoberfest, als der Hubschrauber am Aschenbrenner Marterl im Fürstlichen Thiergarten, dem Jagdgebiet der Thurn und Taxis, landete.

„Es war die Zeit der Hirschbrunft“, erinnert sich die Adelige, „Strauß war ein begeisterter Jäger und war von meinem Mann eingeladen, einen kapitalen Hirsch zu schießen“, erinnert sich die Fürstin. Die Waffe hatte er umgehängt, als er Fürst und Fürstin entgegen ging. „Er war schon sehr bleich, man merkte, es geht ihm nicht gut. Wir haben ihm angeboten, sich frisch zu machen.“ Der mächtige Ministerpräsident wird zu der Hütte geführt, wo er sich frisch machen sollte – „da brach er zusammen.“ Strauß erbricht sich, die Sicherheitskräfte eilen herbei, sowohl seine, als auch die des Fürsten, leisten erste Hilfe, rufen einen Notarzt-Helikopter. „Das dauerte Ewigkeiten, bis der kam“, erinnert sich Gloria. Die Bediensteten des Fürstenpaares eilen herbei, es vergehen 30 Minuten, bis der Notarzt kam. Die Adelige geht mit ihnen in die Kapelle und betete mit den Bediensteten um das Leben des Ministerpräsidenten.

Strauß wird ins Krankenhaus der Barmherzigen Brüder gebracht. Die Original-Bulletins der Ärzte liegen dieser Zeitung vor, sie belegen eine Überforderung der zunächst behandelnden Ärzte. „Am 1, Oktober 1988 gegen 16.00 Uhr traten beim Bayerischen Ministerpräsidenten Dr. h.c. Franz Josef Strauß akute Kreislaufbeschwerden auf; vermutlich ausgelöst durch Herzrhythmusstörungen. Sie führten zu einem Herz-Kreislauf-Kollaps und nach sofort eingeleiteter Beatmung unmittelbar zur Aufnahme im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Regensburg“, so das Bulletin. „Herzinfarkt und Lungenembolie konnten ausgeschlossen werden“, heißt es weiter. Man operierte Strauß, sah in den Bauchraum. Danach sei es zur Besserung der Kreislaufsituation gekommen, verkündeten die Regensburger Ärzte.

Schon am nächsten Tag müssen sie einräumen: „Der Zustand des Herrn Ministerpräsidenten hat sich in der Zwischenzeit verschlechtert.“ Eine Verlegung in eine Universitätsklinik sei nicht möglich. Die Staatsregierung lässt Münchner Ärzte einfliegen: Der Direktor des Klinikums rechts der Isar und den Chefanästhesisten des Klinikums Großhadern wird eingeflogen. Das dritte Bulletin der Ärzte aus Regensburg am Abend des 2. Oktober zeichnen bereits sechs Ärzte, fünf davon mit Professorentitel. Am kommenden Tag müssen die Ärzte das verkünden, was ganz Deutschland damals noch über die Tagesthemen oder am Radio hört: „Herr Ministerpräsident Franz Josef Strauß ist heute am 03.10.1988, um 11.45 Uhr, verstorben. Unmittelbare Todesursache war nun ein Herz-Kreislaufversagen.“ Fünf Chefärzte unterzeichnen das Bulletin.

Fürstin Gloria zieht heute die Bilanz: „Wenn man berühmt ist, ist man medizinisch nicht besser dran, denn die Ärzte meinen es besonders gut.“ Die Überbetreuung sei nicht immer optimal für den Patienten.

Strauß wurde zunächst in Regensburg aufgebahrt, bevor er nach München überführt wird. Bis heute ist er eine Art Überlandesvater, in der CSU wird um sein Erbe gestritten. Gibt es heute noch Typen wie Strauß? Fürstin Gloria findet, viel zu wenig: „Eine eigene Meinung zu haben, anstatt stromlinienförmig zu sein, das habe ich von Strauß gelernt – das macht einen guten Politiker aus.“ Strauß wurde massiv angefeindet, aber eben auch „respektiert! Das Standing, dass Strauß beim Volk hatte, war immens“, so Fürstin Gloria. „Eine Art Franz Josef Strauß würde sicher Karriere machen, auch wenn er heute vielleicht anders aussehen würde. Aber niemand konnte so reden wie er!“ Die Adelige findet: „Wenn ich mir heute auf Youtube seine Reden ansehe, geht mir das Herz auf!“

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