Dreier gegen Demonstranten
„Einschränkungen, um die Gesellschaft zu schützen“

29.10.2020 | Stand 20.07.2023, 22:17 Uhr
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Sie haben sich vorm Landratsamt versammelt, um gegen die Maskenpflicht an Schulen zu demonstrieren, um ihre Zweifel an der Corona-Politik kundzutun. Landrat Peter Dreier hat im Nachgang zur Demonstration drei Vertreter von „Eltern stehen auf, Landshut“ eingeladen, um sachlich diskutieren zu können.

Landkreis Landshut. „Als Landrat trage ich die Verantwortung für unsere ganze Bevölkerung, egal ob jung oder alt, ob Grundschulkind oder Seniorenheimbewohner. Deshalb können wir nicht ein Gut gegen das andere aufwiegen, müssen uns an die gesetzlichen Vorgaben halten – zum Schutz unserer Mitbürger, aber auch für uns selbst“, so Peter Dreier. Denn auch wenn die Krankheitsverläufe bei Menschen bis 60 meist mild verlaufen – „für Oma und Opa stellt eine Infektion ein großes gesundheitliches Risiko dar“.

Gerade diese besonders gefährdeten Gruppen gilt es zu schützen: In gegenseitiger Rücksichtnahme, in breiter Solidarität. „Deshalb muss der Einzelne Einschränkungen hinnehmen, um die Gesellschaft zu schützen.“ Auch wenn es in den Krankenhäusern derzeit noch relativ ruhig sei: Das Frühjahr habe gezeigt, dass hohe Infektionszahlen sich erst mit zeitlicher Differenz in den Kliniken widerspiegle.

Dabei schilderte der Landrat noch einmal seinen Entschluss, weshalb er nicht den Beispielen anderer bayerischer Landkreise und kreisfreien Städte folgen und die Maskenpflicht in den Grundschulen aufheben konnte, zumal es sich um eine landesweite Verordnung handelt: „Das Infektionsgeschehen hat sich innerhalb weniger Tage so weit verbreitet, dass wir keinen deutlichen regionalen Schwerpunkt mehr erkennen konnten. Es ist quasi wie ein Flächenbrand. Deshalb blieb uns keine Wahl, als die Maskenpflicht in den Schulen flächendeckend zu belassen.“

Zumal er angesichts dieser Lage keine Chance sah, bei der Bezirksregierung und dem Bayerischen Gesundheitsministerium auf Zustimmung zu treffen. „Wir alle sind bemüht, diese schwierige Situation, so gut es geht, zu meistern. Aber dafür braucht es gesellschaftlichen Zusammenhalt und Solidarität.“

Schulamtsdirektor Michael Kugler führte gegenüber den Vertretern der Interessensgruppe aus, dass umgehend nach der Einführung der Maskenpflicht den Schulen einige Optionen angeboten wurden, damit die Schüler zwischendurch etwas durchatmen können: So wurden „aktive Pausen“ angeregt, in denen die Schüler in ihrer festen Gruppe rausgehen, spazieren gehen und dann auch die Maske ablegen können. Auch könnten Teile des Nachmittagsunterrichts zur Differenzierung auf den Vormittag gelegt werden, damit die Zeiten unter der Maske reduziert werden.

Letztendlich werden all diese Maßnahmen umgesetzt, damit die Klassen möglichst lange zusammenbleiben können und Präsenzunterricht stattfindet: „Lernen ist ein gemeinschaftlicher, sozialer Prozess. Trotz aller technischen Möglichkeiten werden viele Schlüsselqualifikationen und Sozialkompetenzen nur gemeinsam in der Schule erworben. Der persönliche Kontakt der Schülerinnen und Schüler mit den Lehrkräften ist nicht zu ersetzen.“

Masken zu tragen sei für niemanden angenehm, gab Dreier unumwunden zu – doch wie Gesundheitsamtsleiter Dr. Heribert Stich ausführte, sind Barriere-Maßnahmen wie Mund-Nasen-Schutz, Abstandhalten und Handhygiene bewiesenermaßen effektive Mittel, um die Zahl der Infektionen zu reduzieren. „Die Masken sind ein Faktor von vielen. Je engmaschiger und konsequenter die Schutzmaßnahmen, desto wirkungsvoller sind sie.“ Eine Befreiung von der Maskenpflicht, wie sie immer mehr Bürger fordern, sei nur in wirklich sehr wenigen Fällen medizinisch begründet, erklärt Stich.

Die Vertreter von „Eltern stehen auf, Landshut“ äußerten in diesem Zusammenhang deutliche Kritik am Corona-Management der Bayerischen Staatsregierung – so sei es für sie unverständlich, weshalb Menschen ohne jegliche Symptome oder Anlass getestet würden, auch zweifelten sie an der Aussagekraft der PCR-Tests, wie sie zur Infektionsermittlung in diesem Zusammenhang verwendet werden. Auch wenn dies Vorgaben und Bestimmungen der landes- bzw. bundesweiten Corona-Politik sind und die kommunale Ebene hier keinen Einfluss nehmen kann, sagte Landrat Dreier zu, auch landespolitische Vertreter über diese Stimmungen zu informieren.

Mit dem heutigen Donnerstag ist die Zahl der Indexpatienten auf 1.849 angestiegen – hier sind alle festgestellten Corona-Infektionen seit Beginn der Pandemie erfasst. Davon gelten 1.408 bereits als „genesen“ und konnten die häusliche Quarantäne verlassen. Damit sind aktuell 398 laufende Infektionen bekannt: Die Betroffenen leben in der Stadt Landshut und verteilt über den gesamten Landkreis. Lediglich in fünf der 35 Landkreis-Gemeinden sind derzeit keine laufenden Infektionen nachgewiesen (Weihmichl, Adlkofen, Weng, Kröning, Vilsheim).

Die 7-Tages-Inzidenz, also Wert, der die Neuinfektionen innerhalb einer Woche umgelegt auf 100.000 Einwohner bemisst, liegt für den Landkreis Landshut bei 113,20 und in der Stadt Landshut bei 81,73 (Quelle: Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit) – beide Kennzahlen sind im Vergleich zum Vortag gesunken. Dennoch liegt der Landkreis weiterhin im „Dunkelroten“ Bereich der Bayerischen Corona-Ampel, die Stadt Landshut steht auf „Rot“. Diese Regelung gilt weiter bis einschließlich Sonntag, wenn Montagmorgen der nationale „Lockdown light“ in Kraft tritt.

43 Personen sind bislang verstorben, bei denen ein Zusammenhang mit Covid19 möglich ist. In den Krankenhäusern der Region werden derzeit 19 Corona-Patienten behandelt: Auf den Normalstationen werden 14 Person isoliert, fünf Patienten intensivmedizinisch betreut. Hinzu kommt eine stets schwankende Zahl an Verdachtspersonen (Stand: 29. Oktober).

Landshut