Neuen Höchstwert erreicht
Gewalt gegen die Polizei nimmt immer weiter zu

05.06.2020 | Stand 03.08.2023, 17:36 Uhr
−Foto: n/a

Statistisch gesehen ist jeder zweite Polizist in Bayern im vergangenen Jahr im Dienst Opfer von körperlicher oder verbaler Gewalt geworden. Eine erschreckende Entwicklung gibt es vor allem auch in Landshut zu beobachten.

München/Landshut. Die Gewalt gegen Polizisten im Dienst nimmt immer mehr zu. In Summe weist das seit 2010 erhobene Lagebild zur Gewalt gegen Polizeibeamte 18.484 betroffene Polizisten aus, wie Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Donnerstag in München mitteilte.

2018 hatte die Zahl noch bei 17.367 gelegen. Damit sei bei der Gewalt ein „sehr bedenklicher Höchstwert erreicht“, sagte Herrmann. Jeder Angriff auf die Polizei sei ein Angriff auf die demokratischen Grundwerte, das dürfe sich der Rechtsstaat nicht gefallen lassen. Es sei daher auch wichtig, dass die Beamten bestmöglich mit Schutzausrüstung ausgestattet seien sowie in Aus- und Weiterbildungen auf Auseinandersetzungen vorbereitet würden.

Das Lagebild verzeichnete im vergangenen Jahr 7.959 Vorfälle, in denen Polizisten attackiert wurden, meist körperlich (4.501). Dabei wurden 2.599 Polizisten verletzt, auch dies ist ein neuer Höchstwert. In 17 Fällen seien Polizisten mit Schusswaffen angegriffen worden, 106 Mal mit Hieb- und Stichwaffen. Der größte Anteil entfalle auf Beleidigungen und Widerstände gegen Vollzugsbeamte.

In der Folge fielen die betroffenen Polizisten an 4.369 Arbeitstagen aus. In den vergangenen fünf Jahren sei damit eine Steigerung um 125 Prozent zu verzeichnen, so Herrmann. Glücklicherweise seien zumindest aber die Tötungsversuche von elf auf drei zurückgegangen.

Von den 6.623 registrierten Tätern und Verdächtigen hätten 4.432 unter Alkohol- oder Drogeneinfluss gestanden. Diese Substanzen würden damit eine „gewaltige Rolle“ bei der Suche nach Erklärungen ausmachen, sagte Herrmann. Gewalt gegen Polizisten sei zudem „in erster Linie ein Problem mit Männern“, 87 Prozent der Angreifer seien männlich, zudem stammte der überwiegende Teil aus Deutschland (4.738).

Auch Rettungskräfte erleiden immer mehr Angriffe – insgesamt registrierte die Polizei 2019 mehr als 300 Straftaten, 2018 waren es noch etwa 200 gewesen. Bei den Mitgliedern der Feuerwehren verzeichnete die Statistik für 2019 und 2018 mit je rund 80 Vorfällen nahezu gleichbleibende Zahlen.

Zum Schutz der Polizisten habe der Freistaat in den vergangenen Jahren rund 120 Millionen Euro in die Ausstattung investiert. Neben der neuen Uniform sowie der ballistischen Schutzausrüstung seien beispielsweise für alle Einsatzkräfte neue Einsatzstöcke und neue Dienstpistolen beschafft worden. Außerdem habe die Polizei seit Ende des letzten Jahres bayernweit 1.400 Body-Cams im Einsatz. Die kleinen Kameras an den Uniformen sollen nicht nur Beweismittel aufzeichnen, sondern auch Eskalationen bei Konflikten verhindern.

Die vor rund drei Jahren in Kraft getretene Strafverschärfung mit drei Monaten Mindestfreiheitsstrafe für tätliche Angriffe auf Polizeibeamte habe sich ebenfalls bewährt, sagte Herrmann. Es gebe in Bayern bereits eine Reihe von Fällen, bei denen eine schnelle Verurteilung erfolgt sei. Das verstärke den „Lerneffekt“ deutlich und wirke hoffentlich auch abschreckend auf potenzielle Gewalttäter.

„In 2019 wurden also an jedem Tag im Durchschnitt sieben Polizeibeamte verletzt, das ist nur noch als dramatisch zu bezeichnen“, sagt Peter Schall, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei Bayern.

Was die passive Schutzausstattung angeht, sei die Polizei gut ausgerüstet. Inzwischen werde seitens der Gerichte der Strafrahmen auch besser ausgeschöpft. „Wir hoffen, dass 2020 die Zahlen durch den Einsatz der BodyCam rückläufig sind“, so Schall. Durch Gewalt gegen Polizeibeamte eskaliere jede Situation, was die Lage für den Bürger infolge der straf- und zivilrechtlichen Folgen nicht verbessert. „Unsere Kollegen und Kolleginnen sind für die Sicherheit des Bürgers im Einsatz und erwarten daher auch Respekt für ihre Maßnahmen“, sagt Schall.

In Niederbayern kam es im vergangenen Jahr zu 781 Fällen von Gewalt gegen Polizeibeamte. Dies bedeutet einen Anstieg von über 19 Prozent gegenüber 2018 (656 Fälle) – bayernweit beträgt der Anstieg knapp sieben Prozent. Die Zahl der verletzten Polizeibeamten ging in Niederbayern um fünf Prozent zurück.

Die meisten Fälle (236) gab es im Landshuter Stadtbereich. An zweiter und dritter Stelle stehen die Landkreise Deggendorf (71) und Passau (70). Die wenigsten Fälle gab es im Landkreis Regen (18). Den mit 55 Prozent stärksten Anstieg gab es in der Stadt Passau – hier wurden 62 Fälle verzeichnet, im Vorjahr waren es noch 40.

Landshut