„Können nicht mehr alle Spiele besetzen“
Gewalt auf dem Fußballplatz: Jede Woche hört ein Schiedsrichter auf!

13.11.2019 | Stand 13.09.2023, 0:56 Uhr
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Die Meldungen über Gewalt auf den Fußballplätzen nehmen zu. Trotzdem schockiert jeder einzelne Bericht über attackierte Spieler oder Schiedsrichter aufs Neue. Daher ist es für Christoph Falterer keine leichte Aufgabe, „seine“ Unparteiischen bei Laune zu halten. Der Kreisschiedsrichterobmann Niederbayern West und zugleich Obmann der Landshuter Gruppe sagt: „Immer mehr Schiedsrichter hören auf – und mehr als die Hälfte wegen der zunehmenden Gewalt.“

LANDSHUT Auch wenn es im Kreis Landshut noch keinen Angriff auf einen Referee gegeben habe, werde das Geschehen auf den hiesigen Plätzen zunehmend aggressiver. Falterer zum Wochenblatt: „Die Gewalt wird oftmals von außen in die Spiele hineingetragen. Das geht schon bei den Eltern im Nachwuchs los.“ In seinen Augen, so der Schiedsrichter-Obmann, sei dies ein gesellschaftliches Problem. „Viele lassen auf dem Fußballplatz ihren Dampf ab! Und der Schiri ist der Buhmann – auch wenn der nichts dafür kann, wenn der Stürmer fünfmal am leeren Tor vorbeischießt.“

Früher, so Falterer weiter, sei das Spiel nach dem Schlusspfiff beendet gewesen. „Heute geht‘s in den sozialen Netzwerken erst richtig los. Da weiß dann am Montagmorgen schon die ganze Schule Bescheid, wenn ein junger Schiedsrichter ein turbulentes Spiel leiten musste und einiges los war.“ Den Unparteiischen vergehe – verständlicherweise – die Lust am Pfeifen.

Christoph Falterer: „Ich verstehe jeden Schiedsrichter, der entnervt aufhört. Schließlich machen wir das alle ehrenamtlich.“ Der Schiedsrichter-Obmann sieht aber nicht nur die Gesellschaft in der Pflicht, sondern vor allem auch die Fußballvereine. „Das Interesse der allermeisten Vereine am Schiedsrichterwesen ist leider sehr gering.“

Auch wenn es vom Bayerischen Fußball-Verband die Vorgabe gibt, Unparteiische stellen zu müssen, zahlen manche Klubs lieber Ausfallgebühren, als sich um Referees zu bemühen.“ Für Christoph Falterer ein trauriger Zustand: „Die Vereine werden es vermutlich erst kapieren, wenn wir die Spiele – wie jetzt schon immer wieder mal im Reserve-Bereich – nicht mehr besetzen können.“ Von gut 200 Schiris im Kreis Landshut sei die Zahl auf mittlerweile rund 150 gesunken, die rund 3.000 bis 3.500 Einsätze zu bestreiten hätten.

Falterer: „Im gesamten Kreis Niederbayern West haben wir rund 450 Schiedsrichter – und fast jede Woche hört einer auf.“ Auch wenn der BFV mit seiner Kampagne „Wir regeln das“ neue Referees akquirieren möchte, bleibt Falterer skeptisch: „Die Vereine müssen sich ihrer Verantwortung bewusst werden. Die Schiedsrichter müssen fester Bestandteil jedes Vereins sein. Wenn wir aber – wie geschehen – alle 180 Vereine im Bezirk Niederbayern West zu runden Tischen zum Thema Schiedsrichterwesen einladen und dann kommen gerade einmal rund 15, fehlt mir der Glaube, dass die Dringlichkeit bei den Vereinen bereits angekommen ist.“

Vielmehr bleibe der Unparteiische auf dem Fußballplatz „Freiwild“, anstatt wie in anderen Sportarten – zum Beispiel Eishockey oder Handball – konsequent geschützt zu werden. Auch wenn die Referees grundsätzlich eine gewisse Leidensfähigkeit mitbringen müssen, „werden hier immer wieder Grenzen überschritten“, sagt Christoph Falterer. „Das muss endlich ein Ende haben, sonst gibt‘s irgendwann gar keine Schiedsrichter mehr.“

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