Der Mensch zuletzt
Passend zu Allerheiligen: Neues Buch über Sterben einst und jetzt

21.10.2017 | Stand 03.08.2023, 0:20 Uhr
−Foto: Foto: Marianne Dermühl

Ex-Bernrieder veröffentlicht ein tröstendes Lesebuch

BERNRIED Vielen ist Peter Dermühl noch als „Macher“ des Erntemarktes bekannt. Inzwischen lebt der ehemalige Bernrieder zwar im hohen Norden, seine Heimat Niederbayern kann Dermühl jedoch nicht abstreifen. Das zeigt sich einmal mehr in seinem neun Buch „Der Mensch zuletzt – Sterben und Tod/ einst und jetzt“.

„Schwerpunkt ist Mitteleuropa“, erklärt Peter Dermühl. Doch das Buch habe im historischen Teil in Sachen Brauchtum und Rituale eine Reihe von Bezügen ins Altbaierische, vor allem Niederbayern, von wo er ja eigentlich herkommt.

Beispiele: Noch bis weit ins 20. Jahrhundert herrschte ein geradezu mittelalterlicher Aberglauben vor. Altvordere hierzulande hatten beispielsweise eine Heidenangst vor dem gerade mal 20 Zentimeter kleinen Steinkauz und dessen „Kiwitt“-Ruf. Sie glaubten ein „Komm mit“ zu hören, wenn der kleine Räuber nachts ums Haus flog. Gedeutet wurde der Ruf als Aufforderung, ihm ins Totenreich zu folgen. Das „Leichenhuhn“, wie man ihn auch nannte, wurde damals gnadenlos verfolgt und fast ausgerottet. Da waren außerdem „des Pfarrers schwarze Tauben“, wie die gelehrigen Dohlen genannt wurden. Ihrer angeblichen Geschwätzigkeit entnahm der schlichte Mensch des Mittelalters, dass der Rabenvogel gerade über dessen alsbaldiges Ableben redet. Bis heute hält sich hartnäckig die Furcht vor nächtlichem Hundegeheul. Dabei wurden aus der Kopfhaltung des Vierbeiners unterschiedliche Bedeutungen abgeleitet: Hält der Hund beim Heulen die Schnauze nach oben, brennt es, während die Abwärtshaltung von einem bevorstehenden Todesfall kündet.

Halt im Meer der Hoffnungslosigkeit

Dermühl: „Seinen wahren Höhepunkt findet der Volksglaube mit seinen Deutungen, Ritualen und Brauchtümern jedoch in den allerletzten Momenten eines Menschenlebens und beim Abgang von dieser Welt. In seinen knapp 300000 Jahren Erdendasein versuchte der Homo sapiens immer schon, mit dem für ihn Unfassbarem zurechtzukommen. Er wollte Trost und einen sicheren Halt in dem Meer der Hoffnungslosigkeit finden.“ Auch deshalb sei es pure Absicht, dass einem an manchen Stellen des Buches das Schmunzeln und auch das Lachen nicht vergehen möge. Etwa dann, wenn, wie beim Brandner Kaspar der Tod bei Kartenspiel und Schnaps listig betrogen werden soll oder der sterbenskranke Bauer nach einer neuen Hose verlangt, weil er doch vor dem Jüngsten Gericht gut da stehen wolle.

Erinnert wird auch an Ludwig Thomas berühmten „Münchner im Himmel“, der es beim Petrus nicht aushält. Eine Botschaft mit der „göttlichen Eingebung für die bayerische Staatsregierung“ hat er bis heute auch nicht zugestellt, weil er immer noch bei seinen Spezln im Hofbräuhaus sitzt.

Mit „Der Mensch zuletzt“ will der Buchautor auch eine Berichterstattung über die Gegenwart von Sterben und Tod in unserer Gesellschaft vorlegen. Offen und detailliert schildert Dermühl die Phasen des Sterbens, den Eintritt und die Feststellung des Todes einschließlich der Fragen zum Gehirntod sowie die Verbindung zwischen Seele und Ableben.

Das Buch schließt mit der Barmherzigkeit und ist der Palliativ- und Hospizarbeit gewidmet, die immer mehr Platz findet und die Achtung vor dem Menschen und seiner Würde in die Mitte allen Handelns stellt. Ein Trauerbuch will es nicht sein. „Wenn die Angst vor Sterben und Tod bestimmend wird und wenn die Weiterlebenden von Verlustängsten, Hoffnungslosigkeit und Schmerz belastet sind, dann möchte es ein tröstendes Lesebuch sein,“ sagt Dermühl.

Deggendorf