Unerlaubt im Stadion
SVW-Ultrafan zu einem Jahr Knast verurteilt

19.01.2018 | Stand 25.07.2023, 0:01 Uhr
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Der 23-Jährige hatte sich trotz Stadionverbots drei Mal dort aufgehalten. Das Urteil überrascht.

ALTÖTTING. Ein unbeschriebenes Blatt ist der 23-Jährige, der am vergangenen Donnerstag im Amtsgericht Altötting auf der Anklagebank saß, beleibe nicht.

Der Arztsohn, der zumindest früher der Burghauser Hooliganszene angehörte, ist bei der Justiz schon ein „alter Bekannter“. Zwischen 2012 und 2015 musste er sich wegen mehrfacher Körperverletzung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, versuchte Gefangenenbefreiung, Landfriedensbruch und den Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen verantworten.

2015 wurde er wegen des Handeltreibens mit Betäubungsmittel zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt und diese Bewährung ist noch offen.

Der SV Wacker hatte gegen den Unruhestifter ein bundesweites Stadionverbot verhängt, das noch bis Juli 2018 gilt.

Trotz dieses Stadionverbots hat der Fußballfan mindestens drei Spiele besucht. Zuletzt im Mai 2017, als der SV Wacker Burghausen gegen den TSV 1860 München II antrat.

Bei diesem Spiel wurde er von Polizisten erkannt. Er verließ auf Druck der Beamten das Stadium, hielt es jedoch für angebracht, diese schwach anzureden.

Das brachte dem Burghauser den ersten Rüffler von Richter Dr. Gregor Stallinger ein: „Ist das der Ton, den man gegenüber Polizeibeamten anschlagen darf?“

„Nein normalerweise nicht“, so der Angeklagte kleinlaut. Er habe sich in diesem Moment einfach aufgeregt.

Dass er trotz des Stadionverbots die Spiele besucht hatte, erklärte er damit, von diesem Verbot nichts gewusst zu haben.

Mutter nimmt die Schuld auf sich

Seine Mutter, bei der er wohnte, soll ihm den bewussten Brief des SV Wacker erst eine Woche später gegeben haben, weil sie ihn zwischen Werbesendungen übersehen habe.

Schon während der Verhandlung wurde deutlich, dass Richter Dr. Stallinger dieser Geschichte keinerlei Glauben schenkte. Er befragte den Angeklagten und später auch dessen Mutter äußerst genau über die Vorgänge in Zusammenhang mit dem Brief. Wo genau hat die Mutter den Brief hingelegt, wann wurde er vom Sohn geöffnet?

Die Mutter blieb jedoch im Zeugenstand bei ihrer Version, die sich mit jener ihres Sohnes deckte.

Es täte ihr schrecklich leid, aber sie habe den Brief (ein Einwurfeinschreiben) übersehen und ihrem Sohn zu spät übergeben. Folglich habe er nichts von dem Stadionverbot wissen können.

„Natürlich wissen Sie genau, was für Ihren Sohn auf dem Spiel steht“, so der Richter an die Adresse der Mutter.

Er entließ sie unvereidigt aus dem Zeugenstand.

Die Vertreterin der Anklage, Staatsanwältin Mona Deiß, stellte in ihrem Plädoyer fest, dass die Aussagen der Mutter und des Sohnes übereinstimmten. Es könne nicht nachgewiesen werden, dass der 23-Jährige den Brief mit dem Stadionverbot rechtzeitig erhielt. Die Staatsanwältin beantragte deshalb einen Freispruch und die Übernahme der Verfahrenskosten durch die Staatskasse.

Verteidiger Karl-Heinz Merkl fügte hinzu, es sei nicht plausibel, dass sein Mandant wissentlich gegen das Stadionverbot verstoßen habe. Immerhin sei er bei den Polizisten dort bestens bekannt und hätte zwingend damit rechnen müssen, dass sein Stadionbesuch nicht unbemerkt bliebe. Er verwies auch auf die gute Sozialprognose des Burghausers. Er habe mittlerweile den Kontakt zur Hooliganszene abgebrochen und besuche in einer bayerischen Großstadt die BOS mit dem Ziel das Abitur zu machen und danach zu studieren.

Nachdem Richter Dr. Gregor Stallinger das Urteil verkündet hatte, herrschte sekundenlang Stille im Gerichtssaal. Damit hatte keiner der Prozessbeteiligten gerechnet.

„Schuldig des dreifachen Hausfriedensbruchs.“ Mit Blick auf die kriminelle Vergangenheit des Angeklagten verurteilte der Richter ihn zu einem Jahr Haft - ohne Bewährung!

Die Schilderung der Mutter erachtete er als nicht glaubwürdig und eine gute Sozialprognose konnte der Richter nicht erkennen.

Noch beim Verlassen des Gerichtssaals kündigte Verteidiger Karl-Heinz Merkl eine Berufung an.

Für den 23-Jährigen könnte es sogar noch schlimmer kommen: Sollte durch die jetzige Verurteilung die Bewährung des letzten Urteils wegen Betäubungsmittelhandels widerrufen werden, müsste er sogar für zwei Jahre ins Gefängnis.

Altötting