Quantencomputer
Künstliche Intelligenz an der OTH Regensburg – im menschlichen Herz von Linux

10.06.2020 | Stand 03.08.2023, 18:02 Uhr
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Die Forschungsarbeit von Prof. Dr. Wolfgang Mauerer, OTH Regensburg, und seinen Studierenden ist im Softwarebereich international führend. Nun arbeiten sie an Verbesserungen für weltweit eingesetzte Betriebssysteme und erforschen an einem kanadischen Quantencomputer die Zukunft von Rechnern und KI-Systemen.

Regensburg. Quantencomputing gilt als große Hoffnung für die nächste Generation von Hochleistungsrechnern. Von den physikalisch hochkomplexen und Millionen Euro teuren Prototypen erhofft man sich ein Vielfaches der Rechenleistung eines herkömmlichen Systems. Weltweit existieren nur wenige Quantencomputer, einer davon steht im kanadischen Ontario. Eine halbe Weltumquerung davon entfernt liegt das Labor von Prof. Dr. Wolfgang Mauerer an der OTH Regensburg. In einem neuen Projekt testet er, was der kanadische Computer wirklich auf dem Kasten hat. Dabei wird die kanadische Maschine genutzt, um deren Fähigkeiten zu verstehen und zu quantifizieren, insbesondere für industriell relevante Probleme. Experimentell ermittelt das Team um Prof. Dr. Mauerer an realen Aufgaben, welche Vorteile oder Nachteile Quantenrechner mit sich bringen.

Jeder, der schon einmal an einem Flughafengate verzweifelt ist, kennt das organisatorische Durcheinander, das bei den zehntausenden Reisenden herrscht. Um den Überblick zu behalten, baut man gerne auf Künstliche Intelligenz für die Belegung von Gates. Das heißt: Transportwege minimieren, Wartezeiten verkürzen und Treibstoff im Flughafenverkehr sparen. Die Masterandin Irmi Sax erprobt gemeinsam mit dem Partner, der LMU München, die potenzielle Überlegenheit von Quantencomputern in diesem Spezialfeld. Doch auch in der Medikamentenentwicklung oder bei Leistungsschwankungen im Smart Grid setzt man Hoffnungen in die Quantenrechner. Vergleichsweise früh war die OTH Regensburg als Hochschule am aktuellen Trend-Thema Quantencomputing proaktiv beteiligt: Prof. Dr. Mauerer publiziert bereits seit 15 Jahren zu verschiedensten Aspekten des Themas. Seit fünf Jahren hält Professor Mauerer Vorlesungen über Quantencomputing und bildet somit Ingenieure mit den erforderlichen Spezialkenntnissen für den Arbeitsmarkt aus.

Dieses spannende Thema stellt nur eines der Forschungsfelder dar, bei denen das Labor von Prof. Dr. Wolfgang Mauerer eng im Kontakt zur internationalen Forschungsgemeinschaft steht. Ein anderes ist die Weiterentwicklung von Software-Strukturen, in enger Zusammenarbeit mit der Linux-Foundation. Dort können die Forscher bereits auf unzählige Veröffentlichungen und einige Fachpreise zurückblicken. Ein Regensburger Tool namens „Pasta“ ist kurz davor, als weltweites Standard-Entwicklungs-Werkzeug aufgenommen zu werden.

„Sie finden kein Industrieprojekt mehr, in dem keine Open-Source-Software drin ist – MRTs, Smartphones, Autos“, betont Prof. Dr. Mauerer die Bedeutung dieser Entscheidung. Das wichtigste Betriebssystem sei Linux. Die Arbeit von Mauerers Labor, vor allem von Doktorand Ralf Ramsauer, analysiert die menschliche Komponente bei diesem Software-Giganten. Am Ende sind es schließlich Menschen, die hinter den Millionen von Codezeilen stecken. Meist arbeiten mehrere Programmierer gleichzeitig an einem Problem. Obwohl sie in engem Mailkontakt stehen, ist es oft schwer, Änderungen nachzuverfolgen. Im globalen Hin und Her der Verbesserungsvorschläge und Änderungshinweise gehen wichtige Informationen schnell verloren.

Mit Hilfe cleverer Software und maschinellem Lernen schaffen es Ramsauer und das Laborteam, Ordnung in das menschliche Chaos hinter Linux zu bringen. „Was wir entwickelt haben, ist besser als alles, was es bislang weltweit in diesem Bereich gab“, wirbt Mauerer. Nicht zufällig ist auch ein Münchner Automobilhersteller am Projekt beteiligt. Denn es geht vor allem um das Herz des Betriebssystems. „Wenn beim Kern etwas schiefläuft, steht das komplette System“, erklärt Prof. Dr. Mauerer. Bei alldem ist es dem Professor wichtig, dass trotz Interesse aus der Privatwirtschaft die Forschungsarbeit frei zugängig ist. Alles, was das Labor veröffentlicht, ist auch Open Source. „Das sollte gute wissenschaftliche Praxis sein. Offenheit und Reproduzierbarkeit ist der Kern der Wissenschaft“, plädiert Mauerer.

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