Historie
Youtube-Video zeigt Ende des Zweiten Weltkrieges in Regensburg

08.07.2017 | Stand 13.09.2023, 1:32 Uhr
−Foto: Foto: US-Army

Endzeitstimmung? Oder Neuanfang? Ausgerechnet die neuen Medien machen jetzt ein historisches Zeitdokument frei zugänglich, das zeigt, wie Regensburg unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges aussah. Das fast vierminütige Video ist bedrückend und befreiend zugleich – schließlich kennt der Zuschauer ja, wie es ausgegangen ist!

REGENSBURG Die US-Army dokumentierte in Fotos und Filmaufnahmen das Ende der Nazi-Diktatur auf deutschem Boden. So auch in Regensburg! Ein Film, datiert vom 27. April 1945, zeigt, wie es in der Domstadt aussah nach der kampflosen Übergabe der Stadt, für die am 23. April noch der Domprediger Johann Maier, der pensionierte Polizeibeamte Michael Lottner und der Lagerarbeiter und Mesner Josef Zirkel noch ihr Leben verloren.

Die Bilder lassen einem den Atem stocken. Man sieht die US-Truppen, wie sie über eine Pontonbrücke einmarschieren. Ist es der Eiserne Steg, der noch heute benutzt wird? Es sieht so aus. Ein GI kaut Kaugummi, ein für die deutsche Bevölkerung völlig neues Konsumgut, das gerade bei den Mädels und Buben im Nachkriegs-Deutschland besonders gut ankommt.

Später sieht man auf dem Video, wie Sanitätswagen der US-Army durch Regensburg fahren. Ein Haus ist leicht als das wiederzuerkennen, das im Schlosspark von St. Emmeram steht. Dort hat der damals regierende Fürst Albert I., ein bekennender Nazi-Gegner, seinen Enkel und damit den Stammhalter des Hauses verloren.

Später sieht man das Ostentor. Die dort aufgebauten Wagen werden benutzt, um den Schutt zu beseitigen. Die weiße Fahne ist gehisst, die Regensburger haben sich ergeben. Beim Villa-Park sieht man einziehende US-Truppen vorbeifahren, während Männer die Trümmer am Ostentor beseitigen. Wenig später sieht man offenbar deutsche Wehrmachtssoldaten am Boden kauern. Ein junger Mann blickt angstvoll in die Kamera. Doch halt! Es ist gar kein Wehrmachtssoldat, es ist eine Frau in Uniform. Sie wird befragt, ein Übersetzer der US-Army ist mit dabei. Leider ist der Film ohne Ton, man kann nicht hören, was die Frau erzählt.

Ein Mädchen sucht nach Lebensmitteln Besonders bewegend sind auch die Bilder der Regensburger, die am zerstörten Bahnhof einen Zug nach verwertbaren Materialien, Lebensmitteln, nützlichen Dingen durchsuchen. Man sieht auch Kinder: Ein Junge und ein Mädchen durchwühlen die Haufen gestrandeter Waren, Regensburger sichern sich Güter, die ihnen in den kommenden Tagen und Wochen das Überleben sichern können. Am Ende des Videos sieht man die Wehrmachts-Kommandatur in Regensburg.

Ein US-Soldat spricht mit einem Wehrmachts-Offizier, der lässig eine Zigarette raucht. Von Schuld und Scham keine Spur. Der Blick des US-Soldaten aber spricht Bände: Es ist eine Mischung aus angewidert sein und Verachtung, mit dem er den Soldaten straft. Das Video auf Youtube ist, fast 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges, ein Dokument, das nachdenklich stimmt. Es zeigt, wie verwundbar der Frieden ist. Und die Bilder, sie erinnern so grauenhaft an das, was man derzeit in den Nachrichten aus der Ukraine sieht: Es zeigt die Trümmer aus Kriegen, es zeigt, wie vernichtend der Mensch sein kann ...

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