Symposium
Wie lässt sich Inklusion in der Arbeitswelt vorantreiben?

24.09.2018 | Stand 02.08.2023, 22:20 Uhr
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Der technische Fortschritt verändert die Arbeitswelt. Als Chance sehen es die einen. Andere fragen sich, wo der Mensch dann noch seinen (Arbeits-)Platz hat, insbesondere der Mensch mit Behinderung. Die Zukunft der Arbeitswelt unter Einbeziehung der Inklusion stand deshalb im Mittelpunkt des Symposiums „Vision 4.0 – Zukunft der Arbeit und Inklusion“, zu dem Landrätin Tanja Schweiger ins Lappersdorfer Aurelium eingeladen hatte. Dazu eingefunden hatten sich zahlreiche Gäste aus Unternehmen und Institutionen sowie Kreisräte, Behindertenbeauftragte und Menschen mit Handicap.

REGENSBURG Durch den Tag führte der evangelische Pfarrer und Kabarettist Rainer Schmidt, dessen launige Moderation für Kurzweil sorgte. „Die Inklusion ist für viele Menschen ein Herzensanliegen“, sagte Schmidt und warf am Anfang der Veranstaltung die Frage „Wie können wir gemeinsam die Arbeitswelt verändern?“ in den Raum. Gastgeberin Tanja Schweiger pflichtete ihm in ihrem Grußwort bei: „Machen wir uns gemeinsam auf den Weg!“ Sie wünsche sich, „dass wir einen großen Schritt weiterkommen, damit Menschen mit Behinderung auch in der Arbeitswelt 4.0 eine Chance haben.“

„Phänomen, das die Menschheit verändert“

Zukunftsforscherin Cornelia Daheim zeigte anschließend in ihrem Vortrag „Zukunft der Arbeit – Perspektiven und Trends“ auf, in welche Richtung sich die Arbeitswelt in den kommenden Jahren entwickeln wird. „Die Inklusion ist eine große gesellschaftliche Vision“, stellte sie fest und bezeichnete den derzeitigen Wandel in der Arbeitswelt als „ein großes Phänomen, das die Gesellschaft verändert“. Das Automatisierungspotenzial sei beispielsweise heute schon sehr hoch und löse Ängste aus, ob Arbeitskraft in der Zukunft durch Maschinen ersetzt wird. Diese Befürchtung werde zwar in einigen Berufszweigen eintreten, trotzdem gebe es laut Daheim weiterhin genügend Arbeit. Im Zuge der Technologisierung müsse man sich jedoch beruflich umorientieren. „Es ist ein unglaublicher Qualifikationsbedarf da“, resümierte sie. In Berufen, die nah am Menschen seien – wie dem des Sozialpädagogen – werde die Automatisierbarkeit auch künftig gering sein.

Ein weiterer Trend, der mit dem ersten einhergehe, sei die Flexibilisierung der Arbeit. Daheim veranschaulichte dies am Beispiel der immer mehr zunehmenden Homeoffice in vielen Berufen. Und auch die Demokratie werde in Organisation und Führung immer mehr Einzug halten. So gebe es beispielsweise jetzt schon Unternehmen, in denen die Angestellten ihre Führungskräfte selbst wählen können. Da sich der derzeitige Wertewandel in der Gesellschaft auch in der Arbeitswelt widerspiegle, sei die Arbeit auch ein „wichtiger Treiber für die Inklusion“. „Wir stellen schon heute einen deutlichen Wertewandel fest“, berichtete die Zukunftsforscherin. „Vielfalt und Inklusion werden besonders in jüngeren Generationen positiv bewertet.“ Trotzdem würden die Prozesse und die Inklusion heute meist noch getrennt voneinander laufen – was aber Hand in Hand gehen müsse.

„Das Wichtigste für uns ist die Qualifikation“

Diese Problematik wurde im folgenden Podiumsgespräch zum Thema „Arbeit 4.0: Automatisierung und Digitalisierung – Fluch oder Chance?“ mit Cornelia Daheim, Sandra Kissling-Thomas (Koordinatorin der Beauftragten der Bayerischen Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung), Stadtdekan Roman Gerl, Hans Horn (Erster Vorsitzender der LAG Werkstatt für Menschen mit Behinderung Bayern e.V.) und Michael Staab (Personalleiter Continental Automotive GmbH Regensburg) noch genauer diskutiert. Staab betonte, dass „das Wichtigste für uns die Qualifikation“ sei. Bei Continental gebe es zudem kollaborierende Roboter, sogenannte Kobots, die zusammen mit den Mitarbeitern arbeiten. Das Unternehmen biete Ausbildungen an, damit sich Menschen als Fachkräfte für die Industrie 4.0 qualifizieren können. Im Werk in Regensburg seien rund 600 Mitarbeiter mit Handicap angestellt.

Kissling-Thomas zeigte sich etwas besorgt, was die Inklusion in der Arbeitswelt betrifft. „In einigen Fällen funktioniert die IT nicht“, äußerte sie ihre Beobachtungen. Barrierefreie Software werde bei der Entwicklung sehr oft nicht mitbedacht, obwohl die „Menschen für die Jobs perfekt geeignet wären“. Darum sei in vielen Fällen noch keine Anstellung möglich. Am Ende konnten sich die Zuhörer ins Gespräch einbringen und Fragen stellen. Rainer Schmidt resümierte mit dem Hinweis auf die mittlerweile hochgradigen technischen Möglichkeiten von Smartphones: „Meine These ist, dass die technischen Entwicklungen positiv für die Inklusion sind.“ Zudem zeige sich eine Tendenz hin zu Quereinsteigern und fachfremden Personal in die Arbeitswelt. Das ermögliche auch die Anstellung von Menschen mit Behinderung. „Wir können alle an der Umgestaltung mitwirken“, so Schmidt.

Welchen Beitrag können Arbeitgeber leisten?

Im Anschluss daran wurden die Symposium-Teilnehmer in Gruppen eingeteilt. Es gab den Workshop „Welche Rolle spielt und wie gelingt Inklusion in der Arbeitswelt 4.0?“ mit Manina Sobe vom Integrationsfachdienst sowie Prof. Carina Braun von der Technischen Hochschule. Zudem referierten Gundhard Binder vom ZBFS-Inklusionsamt über „Technische Hilfsmittel. Gestern – Heute – Zukunft mit Arbeit 4.0“ sowie Josef Hartl vom Bezirk Oberpfalz und Friedrich Weinbeck von der Lebenshilfe Regensburg e. V. über „Finanzielle Unterstützung. Budget für Arbeit – ein neuer Weg zur Teilhabe am Arbeitsleben für Menschen mit Behinderung“. Dabei wurden die Handlungsfelder dargestellt und es wurde dargelegt, was ein Arbeitgeber machen kann, um Menschen mit Handicap in seinem Unternehmen einzustellen. Am Ende des Symposiums waren sich die Teilnehmer einig, dass die Veranstaltung überaus sinnvoll war, da das Thema „Inklusion in der Arbeitswelt 4.0“ endlich einmal intensiver behandelt wurde.

Regensburg