Fritz Koenigs Schatz und sein wahrer Wert
Weltberühmte Afrika-Sammlung ist gespickt mit Replikaten

04.04.2019 | Stand 13.09.2023, 0:12 Uhr
Alexander Schmid
−Foto: n/a

Mindestens so berühmt wie der 2017 verstorbene Fritz Koenig ist die Afrika-Sammlung des Landshuter Bildhauers. Sie zählt zu den weltweit namhaftesten privaten Kollektionen ihrer Art. Exponate wurden bereits bei wichtigen Ausstellungen gezeigt, unter anderem in New York, London und Berlin. Ein echter Schatz also – der allerdings bisweilen überschätzt wird, was seinen Wert angeht. 65 Millionen Euro sei die Sammlung wert, meldete zum Beispiel der Bayerische Rundfunk. „Blödsinn“, heißt es jetzt aus Kreisen der Stiftung.

LANDSHUT In der Sammlung finden sich nämlich viele „Replikate“, wie ein aktuelles Gutachten zeigt, das die Stiftung von einem Experten des Auktionshauses Christie’s hat anfertigen lassen. Wert ist sie viel weniger.

Koenig ist vor allem durch sein Kunstwerk „The Sphere“ bekannt, das einst vor dem World Trade Center in New York stand. Weil es die Attentate vom 11. September 2001 schwer beschädigt überstanden hat, gilt es seitdem als Symbol gegen den Terror. Der 2017 verstorbene Künstler war aber auch ein begeisterter Sammler traditioneller afrikanischer Kunst. Hunderte Werke hortete er in der „Afrika-Halle“ in seinem Wohnsitz auf dem sogenannten „Ganslberg“ in der Marktgemeinde Altdorf. Es gibt sogar ein Buch mit dem Titel „Mein Afrika – Die Sammlung Fritz Koenig“, das im Jahr 2000 zeitgleich im Zusammenhang mit einer Ausstellung im Skulpturenmuseum erschien.

Es ranken sich viele Mythen um die Sammlung, was ihren Wert angeht, der jahrelang als sagenhaft eingeschätzt wurde. Noch zu Lebzeiten Koenigs geisterte ein Betrag zwischen acht und zehn Millionen Euro durch die Stadt. In einem Zeitungsartikel behauptete Koenig-Freund und Dokumentarfilmer Percy Adlon jetzt gar: „Man weiß aber auch, dass das Auktionshaus Christie’s in London allein die Afrikasammlung mit einem Mittelwert von 65 Millionen Euro bewertet hat.“ Eine geradezu fantastische Zahl, die auch vom Bayerischen Rundfunk kolportiert wurde – und die völlig falsch ist, laut Stiftung.

„Das ist völliger Unfug“, sagt Oberbürgermeister Alexander Putz, der auch Vorsitzender des Stiftungsvorstands ist und dem das Gutachten vorliegt. Er kann sich nicht erklären, woher diese Zahl stammt. Die Stiftung hatte im letzten Jahr die Sammlung durch den Christie’s-Experten bewerten lassen, wie Putz bestätigt. Der kam zu dem Ergebnis, dass sie einen Wert von 1,9 bis maximal 3,2 Millionen Euro hat. Immer noch ein stolzer Betrag, aber eben weit von den 65 Millionen entfernt, die auch vom Bayerischen Rundfunk veröffentlicht wurden. Laut dem Gutachten würden sich in der Sammlung viele „Replikate“ befinden, also Originalstücken nachempfundene Kunstwerke, Fälschungen – plump gesagt. Rund 145 sollen es sein.

Die Afrika-Sammlung gehört übrigens zu den Teilen aus dem Nachlass Koenigs, die die Stiftung veräußern darf – anders als die vielen Skulpturen, die der Künstler selbst geschaffen hat. Allerdings darf die Sammlung nur als Ganzes und nicht in Einzelteilen verkauft werden und nur durch namhafte Auktionshäuser.

Seit dem Tod Koenigs im Februar 2017 gibt es immer wieder Angriffe gegen die Stiftung, weil sie das Vermächtnis des Künstlers angeblich nicht so verwaltet, wie es die Freunde Fritz Koenigs für angemessen halten. Aktuell geht es darum, was mit seinem ehemaligen Anwesen passieren soll, wo sich auch seine Werkstatt befunden hat. Koenig selbst hatte zu Lebzeiten bereits erkannt, dass es nicht zu erhalten sein wird. Ein Grund, warum es die Stiftung und das Skulpturenmuseum überhaupt gibt. Denn im Gegenzug, dass die Stadt jenes Museum im Hofberg baute, in dem Koenig-Werke ausgestellt werden, ließ der schon zu Lebzeiten große Teile seines Besitzes in die Stiftung einfließen, um sein Lebenswerk für die Nachwelt zu erhalten.

Erst vor Kurzem fand wegen der Forderung von Koenig-Freunden wie Adlon, die wollen, dass der „Ganslberg“ erhalten bleibt, sogar ein runder Tisch beim Staatsminister für Kunst und Wissenschaft, Bernd Sibler, statt.

Der Stadt und auch der Stiftung fehlt jedenfalls das Geld, um den ehemaligen Wohnsitz Koenigs zu erhalten. Vor allem, nachdem die Stiftung für nicht gezahlte Sozialabgeben aufkommen muss, die der Künstler zu seinen Lebzeiten nicht für sein Personal entrichtet hat. 171.000 Euro sind deshalb fällig.

Landshut