Soziales
Was geschieht mit jungen Erwachsenen nach der Jugendhilfe?

12.09.2017 | Stand 28.07.2023, 19:55 Uhr
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Mitgliederversammlung der Arbeitsgemeinschaft katholischer Einrichtungen und Dienste der Erziehungshilfe und der Jugendsozialarbeit in der Diözese Regensburg (AGkE) nimmt die Situation der Careleaver in den Blick.

REGENSBURG Careleaver sind junge Erwachsene, die nach Beendigung einer Jugendhilfemaßnahme zum Beispiel in einem Heim oder in einer Pflegefamilie an der Schwelle in ein eigenverantwortliches und selbstständiges Leben stehen. Dass ihre Situation eine ganz besondere und von Krisen begleitete ist, das zeigte der Diplom Pädagoge Benjamin Strahl von der Universität Hildesheim bei der diesjährigen Mitgliederversammlung der AGkE auf. Michael Eibl, AGkE-Vorsitzender, lenkte zunächst den Blick darauf, welche Bedeutung Krisen im Leben, insbesondere auch im Leben junger Menschen, haben und wie wichtig es ist, dass sie dabei von professionellen Fachkräften begleitet und unterstützt werden.

Übergänge in und aus den Hilfen zur Erziehung müssen begleitet werden

Wenn junge Menschen nicht in ihren Familien aufwachsen können und das Jugendamt eine Unterbringung in einem Heim oder einer Pflegefamilie veranlasst, dann gibt es dafür zwingende, das Kinderwohl gefährdende Gründe. Es liegt auf der Hand, dass diese jungen Menschen mit einem schwer beladenen Rucksack durchs Leben gehen und professionelle Hilfen benötigen, um Defizite in ihrer Entwicklung, Traumata oder erfahrene Vernachlässigung aufarbeiten und bewältigen zu können. Ihre Begleitung, Betreuung und Förderung im Rahmen der Hilfen zur Erziehung endet in noch viel zu vielen Fällen bereits mit 18 Jahren zeigte Referent Benjamin Strahl bei der AGkE-Mitgliederversammlung auf und gab zu bedenken, dass ein Großteil der Careleaver anders als der Durchschnitt der jungen Erwachsenen, die erst mit 24 Jahren ihr Elternhaus verlassen, bereits mit 18 ihr Leben eigenverantwortlich in die Hand nehmen müssten. Und das, obwohl diese jungen Menschen schon immer mit schwierigen Lebensverhältnissen zurechtkommen mussten.

Entscheidend für die Teilhabechancen junger Menschen, deren Jugendhilfemaßnahmen mit Erreichen der Volljährigkeit enden, ist es, den Übergang in die selbstständige Lebensführung bedarfsgerecht, individuell und flexibel zu gestalten. Dabei, so machte der Referent deutlich, haben die jungen Menschen ein Recht auf Unterstützung über die Volljährigkeit hinaus, was in § 41 SGB VIII verankert ist. Man stelle sich deren Situation vor: Plötzlich alleine wohnen müssen – überhaupt bezahlbaren Wohnraum finden – völlig auf sich gestellt und ohne den Rückhalt der Familie – alleine eine Ausbildung oder den Arbeitsalltag bewältigen müssen. Hier ist das Hilfesystem gefordert, hier müssen sich die zuständigen Jugendämter aber auch die Träger und Einrichtungen um Konzepte bemühen, die es zulassen, Hilfen bedarfsgerecht und flexibel zu beenden.

Erfolgsfaktor Bildung

Die in der AGkE zusammengeschlossenen katholischen Träger stellen in der Diözese Regensburg differenzierte Hilfen für Kinder, Jugendliche und Familien in schwierigen Lebenslagen bereit. Dazu zählt die stationäre Unterbringung in Heimen, in denen professionelle Fachkräfte die Kinder und Jugendlichen bestmöglich fördern. Eines der Hauptziele ist, die jungen Menschen erfolgreich bis zum Schulabschluss und in eine Ausbildung zu begleiten. Dabei, so waren sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Mitgliederversammlung einig, ist nicht das Niveau des erreichten Abschlusses – Quali, Realschulabschluss oder Abitur – im Vordergrund, sondern vielmehr die Tatsache, dass die jungen Menschen trotz ihrer schwierigen Lebensumstände überhaupt erfolgreich einen Abschluss absolvieren – jeder so wie es die individuellen Voraussetzungen und Umstände zulassen. Der Maßstab für Bildungserfolge dürfe nicht nur auf Grundlage der Wertung von Bildungsabschlüssen angelegt werden, das machte der AGkE-Vorsitzende Michael Eibl deutlich.

In der Arbeitsgemeinschaft katholische Einrichtungen und Dienste der Erziehungshilfe und der Jugendsozialarbeit in der Diözese Regensburg (AGkE) sind 20 Träger zusammengeschlossen, die in ihren Einrichtungen und Dienststellen rund 70% der stationären und teilstationären Erziehungshilfen in Ostbayern abdecken. Über die angeschlossenen Erziehungsberatungsstellen werden jährlich etwa 4.700 Familien bei Auffälligkeiten im Sozialverhalten des Kindes, bei Schul- und Leistungsproblemen, bei Trennung/Scheidung u.v.m. beraten. Darüber hinaus werden von den Trägern diözesanweit eine erhebliche Anzahl ambulanter Maßnahmen, wie etwa die Sozialpädagogische Familienhilfe, Schulbegleitungen und die berufsbezogene Jugendsozialarbeit beim Übergang von der Schule in die Arbeitswelt angeboten.

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