Meinung
Warum unsere Gesetze Sextäter schützen – und nicht die Opfer

10.02.2018 | Stand 13.09.2023, 7:03 Uhr
−Foto: n/a

Ein 20-jähriger Mann aus dem Landkreis hat ein zunächst zwölfjähriges Mädchen dazu gebracht, sexuelle Handlungen an sich vorzunehmen. Der Mann wurde verurteilt. Doch wer seine Wiederwahl als Vorsitzender eines Jugend-Vereins verhindern wollte, wurde im Dorf entweder handfest niedergeprügelt – oder muss mit Klagen rechnen.

LANDKREIS REGENSBURG Die unliebsamsten Geschichten sind die, die ich nicht schreiben kann. Etwa, weil ich befürchten muss, dass sie juristische Konsequenzen haben. Erst kürzlich habe ich einen solchen Fall erlebt. Hintergrund ist ein junger Mann, der eine Zwölfjährige dazu brachte, vor einer Web-Kamera sexuelle Handlungen an sich vorzunehmen. Der Mann hatte sie mit Nacktfotos erpresst. Weil das deutsche Recht die Täter mehr schützt als die Opfer, haben wir von Anfang an den Herkunftsort des Mannes „nördlicher Landkreis“ angegeben. Kürzlich erreichte mich ein Brief: Der junge Mann wolle erneut Vorsitzender des Burschenvereins weren. Zudem habe es einen Übergriff eines Gemeinderates gegeben: Weil in einem Wirtshaus ein Bürger lautstark in Frage stellte, dass der junge Mann als Burschenvereins-Vorsitzender geeignet sei, schlug der Gemeinderat auf den Mann mit der Faust ein.

Die Polizei bestätigte all dies. Auch der Gemeinderat räumte ein, es habe eine solche Auseinandersetzung gegeben. Und dennoch habe ich mich nicht getraut, nochmals zu berichten. Weil der junge Mann von einem klagefreudigen Rechtsanwalt vertreten wird.

Jetzt habe ich erneut einen Brief aus dem Ort bekommen. Und der ist entsprechend niederschmetternd für mich. Natürlich muss ich alle Namen darin unkenntlich machen.

„Auch dank Ihrer Nachlässigkeit haben die Familien A und B es geschafft, XY als Vorstand des Burschenvereins zu bestätigen.“ Einschüchterungen und eine trotz bereitgelegter Wahlzettel nach Anweisung des Bürgermeisters vorgenommene Abstimmung per Handzeichen hätten dafür Sorge gertragen, dass der junge Mann wiedergewählt wurde und nun als Vereinsvorsitzender mit Minderjährigen Umgang haben wird.

Der Fall belegt für mich einiges, was falsch läuft. Das minderjährige Mädchen musste den Missbrauch über sich ergehen lassen. Für den Täter hatte die Tat bisher nur eine Bewährungsstrafe zur Folge. Neun Monate hatte der junge Mann bekommen, zur Bewährung ausgesetzt. Dorfgemeinschaften können jemanden einerseits brutal verstoßen. Andererseits aber auch ein Patronatssystem hervorbringen.

Regensburg