Kollektiv-Vorwurf löst sich in Luft auf
Von wegen herzlose Landshuter: 87-Jähriger bekam sofort Hilfe

10.07.2017 | Stand 13.09.2023, 3:12 Uhr
Alexander Schmid
−Foto: n/a

Diese Meldung schockte ganz Bayern: Ein 87-jähriger Mann liegt hilflos auf dem Gehweg neben seinem Rollator, Passanten gehen achtlos vorbei – und keiner hilft. Wenig später stirbt der Mann im Krankenhaus. Mittlerweile stellt sich der tragische Fall, der sich am Mittwoch, 27. Januar, gegen 18.25 Uhr ereignet hat, allerdings ganz anders dar.

LANDSHUT Tatsächlich wurde dem gebrechlichen Senior sofort geholfen, als er auf dem Gehweg am Isargestade (Foto) zu Fall kam. Die Polizei hat jetzt den Ersthelfer ausfindig gemacht und seine Zeugenaussage aufgenommen. Weil der 87-Jährige trotz sofortiger Reanimation den Vorfall nicht überlebt hatte, intensivierten die Landshuter Ordnungshüter die Ermittlungen. Geklärt werden sollte, ob der 87-Jährige durch einen Rempler zu Sturz und dadurch ums Leben gekommen ist. Zudem stand der Verdacht der unterlassenen Hilfeleistung im Raum. Sanitäter hatten der Polizeistreife berichtet, dass sich niemand um den Mann gekümmert hätte, als sie eingetroffen sind. Und das, obwohl zu diesem Zeitpunkt viele Menschen am Isargestade unterwegs waren. In der Aufregung haben sie offensichtlich eine Kleinigkeit übersehen: den Jogger, der sie alarmiert hatte und noch vor Ort war.

Ein Geschäftsmann machte das Wochenblatt jetzt darauf aufmerksam, dass dem 87-Jährigen sehr wohl geholfen wurde. Das bestätigte jetzt die Polizei auf Anfrage. „Wir haben alle eingegangen Notrufe noch einmal überprüft“, so Polizeisprecher Stefan Scheibenzuber. Dabei sei man auf einen Mann aus Schwarzach gestoßen. „Der war zu dieser Zeit in Landshut und joggte am Isargestade entlang.“ Wie der Mann berichtet, sei ihm an der Ecke zur Zweibrückenstraße der 87 Jahre alte Mann entgegengekommen. Bereits da sei ihm aufgefallen, dass es dem Senior offenbar nicht besonders gut ging. Unmittelbar darauf hörte er ein Geräusch. „Als er sich umdrehte, sah er den Mann neben seinem Rollator am Boden liegen“, so Scheibenzuber.

Mit seinem Handy hat der Jogger dann sofort die Rettungsleitstelle über die Nummer „112“ alarmiert. Zu diesem Zeitpunkt hatte der ältere Herr noch geatmet. „Ein Rettungswagen, der sich zufällig in der nahen Podewilsstraße unterwegs war, fuhr dann sofort zum Unglücksort.“ Die Sanitäter stellten schließlich fest, dass der Mann, mittlerweile nicht mehr atmete und begannen mit der Reanimation. „Der Jogger dachte sich, dass er offenbar nicht mehr gebraucht würde, weil niemand etwas von ihm wissen wollte. Als er gesehen hatte, dass dem 87-Jährigen professionell geholfen wird, ist er weitergelaufen.“ Der zehn Minuten später eintreffenden Polizeistreife berichteten die Sanitäter dann, dass niemand vor Ort gewesen sei.

Von den Schlagzeilen und der Horrormeldung, die tags darauf die Medien in Bayern vermeldeten, hatte der Jogger nichts mitbekommen. Erst, als ihn die Polizei anrief, konnte er die Sache klarstellen. Für die Landshuter Ordnungshüter ist der Fall jetzt abgeschlossen. Zumal ein Arzt bestätigt hat, dass der 87-Jährige einer Krankheit erlegen ist und es keine Fremdeinwirkung gegeben hat, wodurch er zu Fall gekommen ist. Der vermeintliche Kriminalfall ist also gar keiner – und die Passanten in Landshut nicht so herzlos, wie jetzt vielleicht viele in Bayern denken.

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