Fitness-Trend „Functional Training“
Und Lukas zählt: „Drei Sekunden, zwei, eins, eins, eins, eins ...“

02.11.2017 | Stand 13.09.2023, 0:51 Uhr
Alexander Schmid
−Foto: n/a

Was ist eigentlich der FT-Club und Functional Training? Besuch bei einem netten Kerl, der plötzlich zum Schleifer wird.

LANDSHUT Lukas ist ein richtig netter Kerl. Wir kennen uns schon Jahre. Zusammen haben wir in der TG in der Mucki-Bude trainiert. Dann wurde Lukas Fitness-Coach im FitPlus. Dort haben wir uns vor einiger Zeit wieder getroffen. Jetzt steht er neben mir und einer 20 Meter langen Kunstrasenbahn, über die ich einen Schlitten mit Gewichten schiebe. „Langsam“, sagt Lukas, „gaaaaanz langsam. Die Schritte größer, den Hintern nach unten!“ Der Schweiß rinnt mir von der Stirn, das Herz klopft wie verrückt, die Lungen brennen und langsam dämmert mir: „Der Lukas, der ist eigentlich gar nicht so nett.“

Seit einigen Wochen gibt es im FitPlus den FT-Club. Den Functional Training Club. Funktionelles Training – das gibt es in Landshut seit einiger Zeit. Es ist ein „sportartenübergreifendes und alltagsorientiertes Trainingskonzept, das komplexe Bewegungsabläufe beinhaltet“, so steht es im Sportlexikon. Kraft, Beweglichkeit, Ausdauer, alles wird in einer Stunde trainiert. Zum Einsatz kommen Traktorreifen, besagter Schlitten, Schiffstaue, Klimmzugstangen, (Kugel-)Hanteln und ähnliches Folterwerkzeug.

Nichts davon ist mir fremd, ich treibe Sport, seit ich sieben Jahre alt bin. Auch Functional Training habe ich schon ausprobiert. Deshalb dachte ich, ich bin vorbereitet auf das, was heute kommt. War ich aber gar nicht

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Neu ist im FitPlus das schiere räumliche Ausmaß des Trainingsbereichs, die Möglichkeiten, die sich dadurch bieten – und Lukas, der Schleifer, der vom FT-Club-Team, das das Konzept entwickelt hat, wochenlang geschult wurde.

Heute schwitze ich gemeinsam mit meinem Kollegen aus der Sportredaktion, Tobi Grießer, und FitPlus-Chef Uwe Eibl. Wir sind alles Sportler, die beim Warmmachen noch munter geflachst haben. Für Witze haben wir gerade keine Puste mehr. Wir schleudern Medizinbälle auf den Boden, stemmen Hanteln, machen Kniebeugen, schwingen Taue – und es redet nur noch Lukas, der eine komische Art hat, zu zählen: „Weiter!!! Noch drei Sekunden, noch zwei, eins, eins, eins ...“

Der Coach spielt bei dem FT-Club-Konzept eine wichtige Rolle. Ohne ihn geht hier nichts. Er achtet darauf, dass alle Bewegungen superkorrekt ausgeführt werden. Er verbessert ständig und feuert an. Er sucht die Übungen aus für die Schwerpunkte, die man im Training setzen möchte, zum Beispiel, um die Kraft zu verbessern oder die Beweglichkeit.

Die Betreuung durch einen Coach ist wichtig, damit man sich nicht verletzt – und das Letzte aus sich rausholt. Übungen wie Kreuzheben oder Kniebeugen gehören zum Repertoire. Wer da etwas falsch macht, riskiert eine Verletzung. Doch genau das ist es, was nicht passieren soll. Sinn des Trainings ist, die körperlichen Eigenschaften zu stärken, die bei Schreibtischjobs verkümmern, Verletzungen und Fehlhaltungen vorzubeugen. Kurz gesagt: Verkümmerte Körper und verrostete Gelenke sollen wieder funktionstüchtig gemacht werden. Früher, als man noch Holz hacken musste, brauchte man den FT-Club vielleicht nicht. Im Zeitalter von Apps, die das Thermostat der Heizung regeln, allerdings schon.

Während ich mich gerade mit Ausfallschritten und Kettlebells (Kugelhanteln) abmühe, schiele ich rüber zu Tobi. Der hängt an der Klimmzugstange, beißt die Zähne zusammen und quält sich hoch. Lukas gibt ihm gerade Nachhilfe beim Zählen bis zehn. Danach darf er kurz verschnaufen und es geht weiter zum Schlitten mit den Gewichten. Insgesamt dreimal durchlaufen wir den Kraftzirkel mit vier Stationen. Weil wir das so „gut hingekriegt haben“, sagt Lukas, dürfen wir uns am Ende des Trainings noch an Cardio-Geräten voll verausgaben. Dass Uwe, der Chef von Lukas und ein durchtrainierter Ausdauersportler, der mit dem Mountainbike schon mal durch die Mongolei strampelt, auf der Mischung aus Crosstrainer und Fahrradergometer genauso japst, keucht und schnauft wie ich, beruhigt mich ein bisschen. Dann sind auch diese 30 Sekunden endlich vorbei, die FT-Club-Stunde ist rum, Lukas ist wieder der nette Kerl. Und wir sind ein bisschen stolz, dass wir durchgehalten haben. Lukas, der Schleifer, wird uns wieder sehen.

Landshut