Über 500.000 Euro veruntreut – Gericht sieht Fluchtgefahr
Streifenwagen statt Porsche: Landshuter Ex-Vion-Manager noch im Gericht verhaftet

09.07.2017 | Stand 29.07.2023, 23:50 Uhr
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Noch im Gerichtssaal klickten die Handschellen: Die 1. Strafkammer des Landshuter Landgerichts verurteilte den ehemaligen Vion-Verwaltungsleiter Ludwig P. (67), der insgesamt knapp 514.000 Euro an Firmengeldern veruntreut hat, zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten und ordnete wegen Fluchtgefahr gleichzeitig Untersuchungshaft an.

LANDSHUT Wie zum Prozessauftakt berichtet, war der 67-Jährige ab 1999 zunächst als Vion-Berater tätig und hatte da – nach eigenen Angaben – ein Jahreseinkommen von rund 150.000 Euro. Als der Beratervertrag 2010 auslief, wurde er nicht verlängert, Ludwig P. vielmehr als Verwaltungsleiter übernommen und war in dieser Zeit für die „Schlachthöfe in Landshut und Vilshofen zuständig. Sein Salär belief sich von da an allerdings nur mehr auf rund 60.000 Euro.

Um seinen - so im späteren Plädoyer von Staatsanwalt Dr. Alexander Ecker und in der Urteilsbegründung von Richter Konrad Lackner festhalten – recht aufwendigen Lebensstil beibehalten zu können, „möbelte“ er sein Gehalt mit fiktiven sporadischen Überweisungen an die Erzeugergemeinschaft Südostbayern e.G. selbst auf, die allesamt auf seinem Konto landeten. Insgesamt 13 Fälle warf ihm die Anklage bis zu seiner Entlassung Mitte 2012 vor, wobei die Beträge zwischen 22.000 und 65.000 Euro lagen.

Aufgeflogen ist der 67-Jährige durch Zufall im Rahmen einer Betriebsprüfung durch das Finanzamt: Der Prüfer vermisste für eine Überweisung eine entsprechende Rechnung. Ludwig P. legte die dann vor, dabei handelte es sich allerdings um eine dilettantische Fälschung.

Zum Prozessauftakt hatte der Ex-Verwaltungsleiter zunächst nur ein Teilgeständnis abgelegt, die Überweisungen eingeräumt, allerdings beteuert, dass die „Aufstockung“ seines Gehaltes vom Geschäftsführer toleriert worden sei. Letztlich rang er sich doch noch zu einem vollumfänglichen Geständnis durch und räumte ein, dass keinerlei derartige Absprache gegeben hatte.

Prozessthema waren auch die Lebensumstände des 67-Jährigen, der in zweiter Ehe mit einer Rumänin verheiratet war. Zusammen mit den gemeinsamen vier Kindern bewohnte man in Landshut ein auf die Ehefrau laufendes Anwesen, dessen Wert sich nach seinen Schätzungen auf rund 800.000 Euro beläuft und inzwischen zum Verkauf stehe. Von der Ehefrau habe er sich getrennt, aber mit ihrem Einverständnis sei die Immobilie zusätzlich mit 100.000 Euro belastet worden, um Schadenswiedergutmachung betreiben zu können. Er selbst, so der Ex-Verwaltungschef habe einen Leasing-Porsche gefahren. Das gesamte Geld habe man in die Modernisierung des Hauses bzw. auch in die Ausbildung der Kinder gesteckt. Außerdem, so räumte er ein, habe er durchaus flott gelebt. Das habe dazu geführt, dass sein Konto immer wieder im Minus gewesen sei, das er dann durch die getürkten Überweisungen ausgeglichen habe.

Staatsanwalt Dr. Ecker sah in seinem Plädoyer die Anklagevorwürfe „eindrucksvoll bestätigt“ und beantragte für 13 Fälle der gewerbsmäßigen Untreue sowie des Computerbetrugs eine Freiheitsstrafe von vier Jahren und vier Monaten. Strafmildernd wertete er zwar das Geständnis, allerdings, so der Anklagevertreter, sei die Beweislage erdrückend gewesen. Ebenso mildernd fiel die teilweise Schadenswiedergutmachung, die allerdings über die Ehefrau gelaufen sei, ins Gewicht. Straferschwerend dagegen, dass der 67-Jährige das Vertrauen seines Arbeitgebers über einen langen Zeitraum hinweg missbraucht habe. Der Anklagevertreter sah angesichts der Kontakte des Angeklagten nach Rumänien Fluchtgefahr und beantragte einen Haftbefehl, dazu den dinglichen Arrest über Vermögenswerte und Kontopfändung für die nächsten drei Jahre.

Verteidiger Michael Marx führte ebenfalls das Geständnis seines Mandanten und seine Bemühungen um Schadenswiedergutmachung als strafmildernd ins Feld und hielt eine Bewährungsstrafe für noch ausreichend. Sein Mandant habe angesichts seines gewohnten Lebensstandards nach den Einkommenseinbußen den Gürtel einfach nicht mehr enger schnallen können und vor allem für die vier Kinder das Beste gewollt. Außerdem seien ihm die Manipulationen leicht gemacht worden, im Unternehmen seien die unterschlagenen Gelder gar nicht aufgefallen. Der Schaden sei für das Unternehmen auch nicht existenzgefährdend gewesen: „Man hat den Betrag wohl abgeschrieben.“

Richter Lackner bezeichnete die von der Kammer verhängte Freiheitsstrafe als „moderat“. Hoch angerechnet habe man dem 67-Jährigen das Geständnis: „Für ihn war es sicher nicht leicht, die Verfehlungen öffentlich einzuräumen.“ Außerdem, so auch der Richter, seien die Kontrollmechanismen im Unternehmen nicht sehr hoch gewesen. Andererseits sei es schwer nachvollziehbar, dass ein gelernter Kaufmann trotz guten Einkommens in eine derartige Schuldenfalle gerate und dann Selbstbedienung in großem Ausmaß betreibe: „Da war viel Prestigedenken dabei.“

Die Kammer ordnete, wie vom Staatsanwalt beantragt, Untersuchungshaft an, sah ebenfalls Fluchtgefahr gegeben. Ludwig P. kann gegen das Urteil noch Revision und gegen die Untersuchungshaft Beschwerde einlegen. Außerdem erließ die Kammer die entsprechenden Beschlüsse zur Vermögensabschöpfung. 

Landshut