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Streaming-Pornoabmahnungen: Kein Wort, wie die Computer ausgespäht wurden

08.07.2017 | Stand 13.09.2023, 3:37 Uhr
−Foto: Foto: © 2014 AFP

Im Skandal um die Abmahnungen gegen Nutzer, die auf Redtube Pornos gestreamt haben, ist das Gutachten veröffentlicht worden. Es macht deutlich, dass geschummelt wurde: Lediglich von Downloads ist die Rede. Wie man die Nutzer ausspähte, ist ausgespart.

REGENSBURG Der Fall der Abmahnungen durch die Regensburger Rechtsanwaltskanzlei Urmann + Collegen machte eine Medienkarriere: Erstmals mahnten Anwälte nicht das sogenannte Filesharing an, bei dem man sich von entsprechenden Tauschbörsen Filme illegal herunterlädt und eben auch selbst welche zur Verfügung stellt. Urmann mahnte im Auftrag einer Schweizer Firma Nutzer ab, die sich auf einer Plattform Pornos ansahen, die „gestreamt“ sind – etwa wie bei Youtube-Videos.

Mehrere Strafanzeigen wurden sowohl in Hamburg, als auch in Regensburg eingereicht. Der Regensburger Pressesprecher der Behörde, Dr. Wolfhard Meindl, sagte unserer Zeitung das Gleiche wie vergangene Woche seine Kollegin aus Hamburg: „Jeder Strafanzeige wird zunächst ein Aktenzeichen zugeordnet. Das bedeutet noch nicht, dass es Ermittlungen gibt.“

Fraglich ist nach Angaben von Juristen im konkreten Fall, ob ein Anwalt, hier also Urmann, prüfen muss, ob sein Mandant tatsächlich einen Anspruch hat. Beispiel: Geht ein Mann zum Anwalt und will seinen Nachbarn auf Herausgabe des Rasenmähers verklagen, muss der Anwalt dann prüfen, ob der Rasenmäher dem Mann überhaupt gehört?

Muss der Anwalt den Mandanten prüfen?

Übertragen auf die Abmahnungen: Hätte Urmann prüfen müssen, ob sein Mandant – daran gibt es Zweifel – die Rechte an den abgemahnten Pornos besitzt und ob er legal an die Adressen gekommen ist?

Zwischenzeitlich liegt auch das Gutachten vor, das immerhin zahlreiche Kammern am Landgericht Köln dazu bewog, den vorgelegten IP-Adressen echte Wohnadressen zuzuordnen und herauszugeben.

Das Gutachten belegt, dass man an zwei Tagen einen Sachverständigen damit beauftragt hat, Pornos auf der Seite „Redtube“ anzusehen. Dann wurde überprüft, ob die eingesetzte Spionagesoftware „GLAD II 1.1.3“ exakt die Zeiten dokumentierte, auf denen sich der Gutachter die Pornos ansah.

In dem Gutachten ist kein einziges Mal die Rede davon, wo die Software eingeschleust wurde. Waren die Rechner der Porno-Gucker mit einem Virus infiziert, mittels dem man die IP-Adresse ausspähte? Oder hatte man die Seite Redtube infiziert, damit die Nutzer, ohne es zu merken, umgeleitet werden?

Mehrfach ist in dem Gutachten von „Downloads“ die Rede, nie von „Streaming“. Das könnte darauf hindeuten, dass man die Richter gezielt getäuscht hat. Doch fraglich ist:

Musste Urmann das erkennen und hätte er das Mandat ablehnen müssen?

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