Verkehr
Stadt lehnt Zebrastreifen ab und schimpft auf ,unvernünftige Fußgänger'

11.07.2017 | Stand 13.09.2023, 6:21 Uhr
−Foto: n/a

Die Stadt Regensburg hat sowohl eine Querung über den stark befahrenen Arnulfsplatz, als auch einen Zebrastreifen oder eine Ampel beim Eisernen Steg abgelehnt. Dort ist die Begründung besonders perfide.

REGENSBURG „Gegen unvernünftige Verkehrsteilnehmer (Fußgänger), die die angebotenen Querungshilfen nicht nutzen, ist kein Kraut gewachsen“ – mit diesem Satz kommentiert das Amt für Sicherheit und Ordnung die Situation am Arnulfs-platz. Der Satz steht so in einem Schreiben der Regensburger Bürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer an die CSU-Fraktion. Kürzlich haben sich die drei Stadträte Dagmar Schmidl, Hans Renter und Armin Gugau zwei heikle Stellen in der Regensburger Altstadt angesehen. Am Arnulfsplatz erlebt man jeden Tag das selbe Bild: Viele Fußgänger überqueren den stark befahrenen Platz, weil sie beispielsweise zum Einkaufen gehen. Der hässlichste Platz Regensburgs war einst ein wunderbares Ensemble, in der Mitte ein Brunnen, durchzogen lediglich von Straßenbahn-Schienen. Heute sind Fußgänger am Arnulfsplatz im Wettstreit mit Bussen, Taxis und Autos.

Dass der Fußgänger hier eher störend ist, merkt man auch daran, dass zwei Geländer ihn davon abhalten sollen, den Platz einfach so zu überqueren. Das soll offenbar auch so bleiben – denn etwa eine Verkehrsinsel, lehnt die Stadtverwaltung und damit Bürgermeisterin Maltz-Schwarzfischer vehement ab. „Der Vorschlag, das Überqueren des Arnulfsplatzes in der Platzmitte durch Fußgänger zu begünstigen, wäre kontraproduktiv zu der eignes zur Vermeidung von unerlaubten Fußgängerquerungen angebrachten Gitterabsperrungen“, heißt es im schönsten Beamtendeutsch.

Die Polizei sieht keine illegalen Überquerer

Erkundigt hat sich die Stadt übrigens bei der Polizei. Die will nichts davon wissen, dass viele Fußgänger den Platz nicht auf dem Zebrastreifen beim McDonald’s überqueren, sondern gleich ganz direkt. Wer den Platz kennt, der weiß aber: Zahlreiche Fußgänger machen das. Sie erobern sich den Platz quasi vom Verkehr zurück.

Ähnlich verhält es sich in der Keplerstraße an der Ecke zum Weißgerbergraben. Hier gibt es seit etwa eineinhalb Jahren eine Bushaltestelle. Zudem ist der Eiserne Steg einer der Hauptwege zum Oberen Wöhrd. Täglich passieren sicher hunderte Menschen diese Straße.

Doch es gibt weder eine Ampel, noch einen Zebrastreifen. Viele Autofahrer rasen am Weißgerbergraben entlang, nehmen die Kurve mit Schwung. Passiert ist bisher noch nichts – aber gerade zu Dult-Zeiten geht es an der Stelle zu wie am Stachus.

Doch auch hier sieht Bürgermeisterin Maltz-Schwarzfischer keine Möglichkeit, den Fußgängern Vorrang zu gewähren – ganz im Gegenteil. Die Stadt verweist auf „Verwaltungsvorschriften der Straßenverkehrsordnung“ und entsprechende Richtlinien. Und die sieht ernsthaft vor, dass man Zebrastreifen nur dann anbringen darf, wenn bei einer Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h mindestens 50 Meter Sichtweite gewährleistet sind. Da der Eiserne Steg und die beiden Bushaltestellen aber viel näher an der engen Kurve am Weißgerbergraben sind, kann die Stadt nichts tun. Heißt zu Deutsch: Fußgänger muss man nicht in 50 Metern erkennen können, Zebrastreifen schon – sonst gibt es keinen. Willkommen in Absurdistan!

KOMMENTAR

Vorsicht im Bus!

Keine Frage: Datenschutz ist wichtig. Wobei viele, die Kameras in Bussen ablehnen, ihre Daten gerne an Facebook und andere weitergeben. Ich finde, wenn Verbrechen verhindert oder aufgeklärt werden können, dann sollte der Schutz vor dem Datenschutz gehen. Fast immer!

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