Zukunft des Hopfenanbaus
„Seele des Bieres“ vor Herausforderungen – erster gemeinsamer globaler Hopfengipfel der Hopfen- und Brauwirtschaft

21.11.2019 | Stand 02.08.2023, 19:09 Uhr
−Foto: n/a

Hopfen ist nicht nur eine der ältesten Heilpflanzen, sondern auch ein unverzichtbarer Rohstoff für die Bierherstellung, weshalb er auch als die „Seele des Bieres“ bezeichnet wird. Doch der internationale Hopfenanbau auf rund 60.000 Hektar Anbaufläche, mit den Schwerpunkten in der bayerischen Hallertau, Deutschland, Europa und den USA, steht als kleine Sonderkultur aktuell vor enormen Herausforderungen.

WOLNZACH Vor allem der Klimawandel und höhere Anforderungen beim Schutz der Umweltressourcen zwingen zu Diskussion über die Neuausrichtung des Hopfenanbaus für die Zukunft. Schwerpunkte des vom Verband Deutscher Hopfenpflanzer initiierten und mit dem Deutschen Hopfenwirtschaftsverband sowie dem Internationalen Hopfenbaubüro präsentierten Events in Brüssel waren daher unter anderem die Einführung neuer Methoden zur effizienteren Bewässerung und bedarfsgerechten Düngung (Fertigation). Aber auch die erforderliche Neuausrichtung der Schädlings- und Krankheitskontrolle sowie eine deutliche Intensivierung der Züchtung und Forschung um die genannten Ziele zu erreichen, standen auf der Tagesordnung.

Über 100 Teilnehmer aus 13 Ländern, darunter unter anderem Mitglieder des Europäischen Parlaments, Vertreter der EU Kommission und der nationalen Regierungsbehörden aus USA und Deutschland sowie Repräsentanten der internationalen Hopfen- und Brauwirtschaft diskutierten mit zahlreichen Experten aus Wissenschaft, Forschung und Züchtungsinstituten neue gemeinsame Wege für die Zukunft des internationalen Hopfenanbaus.

„Bester Hopfen für bestes Bier“ lautet das Motto der neuen Allianz zwischen Hopfen- und Brauwirtschaft, um die anstehenden Herausforderungen gemeinsam an das Europaparlament und die EU Kommission heranzutragen. In Fachvorträgen, Keynotes und Podiumsdiskussionen konnten sich die Teilnehmer des Hopfensymposiums nicht nur über die bereits bestehenden Strategien und Projekte bezüglich der Klimaanpassung des Hopfenanbaus informieren, sondern insbesondere auch über die dringende Notwendigkeit den modernen integrierten Pflanzenschutz der im internationalen Hopfenbau seit Jahrzehnten unter dem Leitsatz: „So wenig wie möglich und so viel wie nötig“ entwickelt wurde, für die Zukunft des modernen Hopfenanbaus weiter zu entwickeln. Durch die mittlerweile dramatischen Verluste an Wirkstoffen für den Schutz des Hopfens vor Krankheiten und Schädlingen ist das Ende des integrierten Pflanzenschutzes im Hopfenanbau bereits innerhalb weniger Jahre absehbar.

Dringend erforderlich sind daher ausreichend bemessene Übergangsfristen, die insbesondere seitens der Züchtung und Forschung im Hopfensektor benötigt werden, um mit neunen, klimaangepassten Sorten auch neue, alternative Methoden zur Schädlings- und Krankheitskontrolle in der Praxis zu etablieren.

Nach einem sehr informativen Hopfensymposium luden die Veranstalter, gemeinsam mit der Hallertauer Hopfenkönigin Theresa Hagl und der Bayerischen Bierkönigin Veronika Ettstaller ihre Ehrengäste zu einem Bierdinner, als kulturelles Highlight des Global Hop Summit, das von einem Diplom Biersommelier und bayerischer Volksmusik begleitet wurde. Engagierte Keynote durch den Europaabgeordneten und neu gewählten Vorsitzenden des Agrarausschusses im Europaparlament, Norbert Lins.

In seiner Begrüßung unterstrich Norbert Lins neben der ökonomischen Bedeutung des Hopfenanbaus für die Brauwirtschaft insbesondere auch die Funktion als europäische Kulturlandschaft. Die europäische Hopfen- und Brauwirtschaft sei nicht nur ein wesentlicher Bestandteil der europäischen Identität und des wirtschaftlichen Potentials, sondern auch die „Seele unseres geliebten Bieres“.

Dabei bedankte er sich ausdrücklich bei den Organisatoren des Events, um dem Hopfen einen ganzen Tag in Brüssel zu schenken, mit dem Ziel den Hopfenanbau als Teil der europäischen Kultur zu schützen und alle Akteure an einen Tisch zu bringen.

Der Hopfen- und Brauwirtschaft sicherte er in den laufenden agrarpolitischen Verhandlungen zur GAP weiterhin die Unterstützung des Agrarausschusses im Europäischen Parlament für eine nachhaltige und zukunftsorientierte Hopfenproduktion in Europa zu. Er unterstrich dabei insbesondere die Notwendigkeit realistischer Übergangsfristen, die zum Beispiel im Bereich der Fungizide auch unter Aspekten des Gesundheitsschutzes erforderlich seien, ebenso wie eine Intensivierung der Forschung und Innovation im Bereich des Integrierten Pflanzenschutzes, der durch eine abnehmende Anzahl von Wirkstoffen, was im Ergebnis zu steigenden Resistenzen gegen Schädlinge und Krankheiten führt, existenziell bedroht sei.

Zudem müssten zukünftig Genehmigungsverfahren gründlich, aber auch innerhalb der vorgeschriebenen Zeit ablaufen, damit die Hopfenpflanzer die nötige Planungssicherheit für ihr Anbausystem haben. Schließlich sei die Frage nach den neuen Züchtungstechniken zu stellen, wobei die Wissenschaft sich einig sei, dass damit viele Resistenzen verhindert werden könnten und damit der Einsatz von Wirkstoffen zum Schutz vor Schädlingen und Krankheiten deutlich reduziert werden kann.

Bis zum späten Ende des parlamentarischen Abends konnten nicht alle fachlichen Fragen zu Ende diskutiert werden, weshalb Norbert Lins die beteiligten Organisationen bereits im Februar 2020 zu einem entsprechenden Fachgespräch unter Beteiligung der erforderlichen Fachausschüsse in das Europäische Parlament einladen wird.

Kelheim