Freispruch
Schlägerei mit einem Küchenstuhl – im Zweifel für den Angeklagten

11.07.2017 | Stand 13.09.2023, 7:01 Uhr
Verena Bengler
−Foto: n/a

Dass es in Asylbewerberheimen häufiger zu Auseinandersetzungen kommt, ist nicht verwunderlich. Immer wieder aber kommt es auch zu Gewalt. So wie im Dezember 2015 im Asylbewerberheim in Regenstauf.

REGENSBURG Aufgrund eines blutigen Vorfalls musste sich ein junger Mann aus dem Irak nun vor dem Amtsgericht Regensburg verantworten. Die Staatsanwaltschaft legt ihm Folgendes zur Last: Am zweiten Weihnachtsfeiertag soll der Angeklagte auf einen weiteren Bewohner des Asylbewerberheimes mit einem Holzstuhl eingeschlagen haben. Durch den Schlag, bei dem der Holzstuhl zerbrach, soll der Geschädigte Schmerzen und eine blutende Kopfplatzwunde davongetragen haben. Der junge Iraker wurde deshalb der gefährlichen Körperverletzung angeklagt.

Vor Gericht stellte sich die Situation aber plötzlich ganz anders dar. Der Angeklagte schilderte den Vorfall aus seiner Sicht. Er erzählte, dass er gegen 22.30 Uhr von einer Geburtstagsfeier nach Hause gekommen war. Er ging früh zu Bett, weil er am nächsten Tag Schule hatte. Gegen Mitternacht wurde er von Lärm aus der Küche geweckt. Er ging hinüber und bat die zwei Mitbewohner, die sich in der Küche aufhielten, um Ruhe. Diese willigten zwar ein, machten aber lauter als zuvor weiter. Es entbrannte ein Streit und einer der beiden Männer aus der Küche soll mit einem Kochtopf zugeschlagen haben. Der Angeklagte gab an, dass er daraufhin zu Boden ging und kurz ohnmächtig wurde. Auch ein Stuhl soll ihn getroffen haben. „Ich bin derjenige, der geschlagen wurde“, ließ der junge Iraker über seinen Anwalt verlauten.

Der Angeklagte kam verletzt ins Krankenhaus

Mit dem Rettungswagen wurde der Angeklagte in ein Regensburger Krankenhaus gebracht. Er hatte eine Schnittwunde, eine Platzwunde, eine Prellung und eine Fraktur an der Hand. Fraglich bleibt bei dieser Geschichte aber, woher sein angeblicher Angreifer seine Verletzungen hatte. Auch er hatte eine Platzwunde abbekommen. Auch dafür hatte der Angeklagte eine Erklärung. Er kann sich vorstellen, dass sein Angreifer ausgerutscht und hingefallen war. Der Küchenfußboden soll nämlich durch den Kampf mit einem Film von Speiseöl bedeckt gewesen sein.

Ein Mitbewohner, der den Vorfall beobachtet hatte, trat in den Zeugenstand. Er sagte aus, dass der Angeklagte den Streit mit Beleidigungen provoziert habe. Beide Männer sollen gleichermaßen aufeinander losgegangen sein.

Die Staatsanwaltschaft hielt eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wird, für angemessen. Die Verteidigung dagegen forderte einen Freispruch. „Es ist nicht klar, ob der Angeklagte das Opfer überhaupt verletzt hat“, begründete der Anwalt seine Forderung. Außerdem hatte der Angeklagte stärkere Verletzungen als der Geschädigte.

Der Angeklagte wurde schließlich freigesprochen. „Es steht Aussage gegen Aussage“, erklärte die Richterin ihr Urteil. „Es bleiben viele Zweifel. Mir bleibt nur, den Angeklagten freizusprechen“, so die Richterin weiter.

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