Prozess vor dem Landgericht offenbart Fülle bizarrer Details
Rumänen-Mafia, Hells Angels und ein dubioser Überfall

28.06.2017 | Stand 13.09.2023, 4:39 Uhr
Axel Effner

Hinter dem vordergründigen Raubüberfall wegen eines Luxus-Porsche in Reit in Winkl tut sich eine Geschichte mit menschlichen Abgründen auf.

REIT IM WINKL/TRAUNSTEIN Vordergründig geht es um einen schwerwiegenden Raubüberfall wegen eines Luxus-Porsche Cayenne im Wert von 120.000 Euro im idyllischen Touristenort Reit im Winkl. Erste Details eines Prozesses, der am Donnerstag dieser Woche vor dem Landgericht Traunstein eröffnet wurde, offenbaren allerdings einen Fall, der wohl an Bizarrheit schwer zu übertreffen sein wird. Es geht um millionenschwere Deals mit einer Baufirma im Rumänien der Wendezeit, mafiöse Umtriebe und Fälschungen im großen Stil, Engagements der berüchtigten Rockergruppe „Hells Angels” und ein Drohschreiben, das mit „Vlad Tepes” unterzeichnet ist - Synomym für einen gefürchteten Fürsten im Rumänien des Mittelalters, der das Pfählen als Hinrichtungsart bevorzugte. Er stand Pate für die Figur des Vampirklassikers „Drakula”. In Seitensträngen der bizarren Geschichte tauchen auf: Promi-Sternchen und Hotelerbin Paris Hilton, der ehemalige Metzger und Bordellbesitzer „Prolo”-Prinz Marcus von Anhalt, ein von Häschern im Wald nackt ausgezogener und mit Drogen vollgepumpter Polizist aus Rumänien und ein selbsternannter Fachmann für Kinderpornographie, der sich mit diesem Thema zuerst in der Presse zu profilieren versucht hat, bevor er eben wegen dieses Themas selbst unter schwerwiegenden Verdacht geriet. In dem Fall müssen sich drei Angeklagte wegen gemeinschaftlich versuchtem besonders schwerem Raub in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung vor Gericht verantworten: der in Rumänien geborene und im Raum Koblenz wohnende Zahnarzt Dr. Anton S. (61), Michael M. (43), Fotograf und hochverschuldeter Betreiber einer Model- und VIP-Agentur sowie Harald B. (45), Karosseriebauer und dreifacher Familienvater. Der Anklage zufolge soll Dr. S. im Jahr 2000 mit dem später geschädigten Stefan R. (53) einen Treuhandvertrag zum Erwerb von Aktien der rumänischen Baugesellschaft PAS Somaco SA im Wert von 385.000 Dollar abgeschlossen haben. Hintergrund war die beabsichtigte Privatisierung des ursprünglichen Staatsfirma. Aufgrund von Zerwürfnissen der Familien kam es der Anklage zufolge bereits im Februar 2003 zu einer Art Aufhebungsvertrag, mit dem Guthabenansprüche von 700.000 Dollar abgegolten sein sollten. Infolge der explosionsartigen Wertsteigerung der Baufirma soll Dr. S. weitreichendere Forderungen an R. gestellt haben. Was folgte, war eine Flut gegenseitiger Strafanzeigen in Deutschland und Rumänien. Als alles nichts nutzte, soll Dr. S. laut Anklage Schläger der „Hells Angels” für eine fehlgeschlagene Denkzettel-Aktion in Reit im Winkl angeheuert haben. R. besitzt dort mehrere Gastronomiebetriebe. Warum sich der tatsächliche Sachverhalt aus Sicht des Verteidigers von Dr. S. ganz anders verhält, lesen Sie in der nächsten Printausgabe des Wochenblatts am Mittwoch, 21. Juli. Sie ist auch als ePaper-Ausgabe im Netz eingestellt.

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