Vatikan gegen deutsche Bischöfe:
Nur wer zahlt, ist katholisch – oder doch nicht?

04.07.2017 | Stand 13.09.2023, 4:34 Uhr
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Ein gebürtiger Regensburger ist aus der Kirche ausgetreten, weil er mit der Verwendung der Steuergelder nicht einverstanden ist. Seither spendet er für kirchliche Einrichtungen. Doch der Regensburger Bischof ließ ihn exkommunizieren. Ein Schreiben aus dem Vatikan macht jetzt deutlich, dass Rom die Exkommunikation von Kirchensteuer-Verweigerern in Deutschland nicht ganz so sieht wie die Regensburger Bischöfe.

REGENSBURG _25 ROM Manche tun es, weil sie gar nicht glauben. Andere, weil sie ihren Glauben verloren haben. Wieder andere, weil sie keine Kirchensteuern mehr bezahlen wollen. Auch der gebürtige Regensburger Dr. Andreas Janker gehört zu den Ausgetretenen. Er ging zum Standesamt, erklärte dort, nicht mehr Mitglied der Kirche sein zu wollen. Doch ist er deshalb kein Katholik mehr?„Ich glaube an Gott, ich bin katholisch, aber ich glaube nicht mehr an die katholische Kirche als Institution”, sagt Janker. Sein Fall wird nun unter Bischöfen in ganz Deutschland diskutiert. Denn: Das Bistum Regensburg verfügte nach Jankers Austritt, dass in seinem Taufregister der Hinweis „Exkommuniziert”, also von der Kommunion ausgeschlossen, steht. „Gegen den klaren Willen des Vatikans und des Paptes”, glaubt Janker. Deshalb hat er gegen diesen Eintrag nun Einspruch vor dem zuständigen Dekasterium in Rom eingereicht. Doch warum trat Janker überhaupt aus der Kirche aus?

Der Hintergrund für den Schritt ist nicht etwa der Missbrauchs-Skandal. Auch nicht die Anwürfe des Regensburger Bischofs gegen Medien und Politiker. ihm ist die Firma „Ecclesia” begegnet. Sie vertritt Versicherungsgesellschaften, als Unternehmensziel gibt sie an, „die Vermögenswerte ihrer Mandanten durch hochwertige und preisgünstige Versicherungslösungen zu erhalten und vor Vermögensschäden zu schützen”. Janker war verblüfft: „Was sind das für christliche Werte?”, fragte er sich – denn Gesellschafter von „Ecclesia” sind die evangelische und die katholische Kirche zu gleichen Teilen. „Ich unterstütze doch nicht mit meinen Kirchensteuermitteln ein Unternehmen, das gegen mich vorgeht”, so Janker, der derzeit eine Klage wegen eines ärztlichen Kunstfehlers prüft. Die Klinik wird in der Sache vertreten von Ecclesia. Diese bittere Erfahrung, dass Kirchensteuermittel für Rechtsanwälte ausgegeben wurden, mussten in der Diözese Regensburg schon einige engagierte Katholiken machen, wenn sie es sich mit dem Bischof verdarben – der Apparat Kirche ist, auch wegen der Abermillionen von Kirchensteuergeldern, noch immer mächtig. Janker sieht sich nach wie vor als Katholik. „Ich bin aus der Körperschaft des öffentlichen Rechts der römisch-katholischen Kirche ausgetreten”, sagt Janker – für ihn handelte der Bischof rechtswidrig, indem er ihn exkommunizierte.

Jetzt hat ausgerechnet der Präsident des Päpstlichen Rates für die Gesetzestexte, Kurienerzbischof Francesco Coccopalmerio, die Haltung der deutschen Bischöfe ins Wanken gebracht. In einem Schreiben an Janker spricht der Erzbischof zwar an, dass ein päpstlicher Erlass aus dem Jahr 2006 keine Gesetzes-Wirkung im Kirchenrecht entfaltet, sein Haus also gar nicht zuständig ist, aber er macht eine interessante Anmerkung, die Jankers Exkommunikation zumindest fragwürdig erscheinen lässt. Darin heißt es: „Es ist daran zu erinnern, dass das erwähnte Rundschreiben ein universales Kriterium enthält, welches für alle Nationen gilt, darunter auch Deutschland. Gemäß dem Rundschreiben ist eine Austrittserklärung aus der Kirche nur wirksam, wenn sie die in diesem Dokument aufgestellten Bedingungen erfüllt. Dabei ist jedoch anzumerken,dass eine offizielle Austrittserklärung aus der katholischen Kirche sicherlich kein Akt ist, der zu billigen ist, weil er einen negativen Eindruck verursacht; mit anderen Worten, er verursacht ein Ärgernis. Es handelt sich daher um einen Akt, der vermieden werden sollte.“ Nicht jeder also, der aus der Kirche als Kirchensteuer-Gemeinschaft austritt, ist also automatisch auch von der Kommunion ausgeschlossen. Das bischöfliche Ordinariat indes sieht Jankers Fall gänzlich anders. Am 16. März schreibt dessen Offizial Prälat Josef Ammer an Janker, sein Taufbucheintrag der Exkommunikation könne nicht gelöscht werden, „solange Sie den Schritt des Austritts nicht auf dem Wege einer ,Rekonziliation’ (Wiederversöhnung) mit der Kirche rückgängig machen”. Keine Kirchensteuern – keine Kommunion. Jankers Fall ist bis in höchste Kirchenkreise bekannt. Zumindest hat der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller kürzlich auf einer Kirchenrechtler-Tagung eingeräumt, dass er wegen der Frage, wann ein Gläubiger, der aus der Kirche austritt, zu exkommunizieren sei, einen Briefwechsel mit dem Papst führt. 2006 hatte die deutsche Bischofskonferenz erklärt, ein Austritt aus der Kirchensteuer-Gemeinschaft reiche aus. Der Papst sieht das offenbar anders. Das bestätigte jüngst – wenn auch zurückhaltend diplomatisch – jener Kurienerzbischof Francesco Coccopalmerio bei besagter Tagung.

„Es sei problematisch, wenn die Kirche eine Austrittserklärung gegenüber einer staatlichen Instanz anerkenne, ohne die Intention des Austretenden zu prüfen”, wird er zitiert. Für Janker entsteht nun die widersinnige Situation, dass er seine Frau, eine Chilenin, nicht mehr kirchlich heiraten darf. Nicht aber wegen deren Mitgliedschaft in einer Freikirche, sondern weil er keine Kirchensteuern zahlt.

Regensburg