Am Mittwoch sollen Pläydoyers gehalten werden
Müller Brot: Bald ein (Prozess-)Ende in Sicht

10.07.2017 | Stand 03.08.2023, 2:21 Uhr
−Foto: Foto: Tobias Grießer

Seit zehn Monaten läuft vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landshuter Landgericht der Prozess gegen den ehemaligen Mehrheitseigner von Müller Brot und zwei Ex-Geschäftsführer. Nach 38 Verhandlungstagen kündigte Vorsitzender Richter Alfons Gmelch an, dass am kommenden Mittwoch die Plädoyers über die Bühne gehen sollen.

NEUFAHRN / LANDSHUT „Wenn nicht was dazwischen kommt”, so der Vorsitzende allerdings einschränkend.

Nach dem Medien-Massenandrang zum Prozessauftakt hatten sich Schlagzeilen über Kakerlaken, Schaben, Mäusekot, Mehlwürmer bald erschöpft und so gingen die Prozesstage überwiegend vor leeren Zuhörerbänken über die Bühne. Tatsächlich spielten und spielen die Hygienemängel lediglich eine „Nebenrolle”. Im bisherigen Prozessverlauf wies die Kammer bereits darauf hin, dass Fahrlässigkeit im Spiel gewesen sein und es sich um Ordnungswidrigkeiten, die im Regelfall mit Geldstrafen sanktioniert werden, handeln könnte. Zumal nie eine Gefahr für die Gesundheit der Kunden bestanden haben soll.

In erster Linie geht es im Prozess um Insolvenzverschleppung, vorsätzlichen Bankrott, Untreue und Betrugs zu Lasten einer Vielzahl von Lieferanten. Auf der Anklagebank sitzen der ehemalige Mehrheitseigner und Geschäftsführer (70), ein weiterer 49-jähriger Geschäftsführer, der dereinst für den finanziellen und personellen Bereich verantwortlich zeichnete, sowie ein 64-jähriger, ehemals zuständig für die Bereiche Produktion, Labor und Logistik.

Zur Erinnerung: Vor knapp viereinhalb Jahren standen die Backstraßen der ehemaligen Großbäckerei still, blieben die Regale in den etwa 150 Filialen leer, verloren die etwa 1.200 Mitarbeiter ihren Job. Der Grund dafür waren von den Lebensmittelkontrolleuren über einen langen Zeitraum hinweg monierten massiven Hygienemängel. Bußgelder in Höhe von rund 30.000 Euro, die ab Oktober 2010 verhängt worden waren, fruchteten nicht.

Allerdings waren die ekelerregenden Zustände offenbar das kleinere „Übel”, vielmehr kämpfte Müller Brot schon seit Jahren mit der schlechten Finanzlage. Bereits von 2005 bis 2009 sollen – so zumindest die ursprüngliche Anklage – Verluste zwischen einer und bis zu zehn Millionen Euro eingefahren worden sein, 2010 soll die Zahlungsunfähigkeit eingetreten sein. Durch Verzichte und Stillhalten der Banken sowie die Geduld der Gläubiger, in erster Linie der Lieferanten, konnte das Unternehmen noch bis Mitte 2011 über Wasser gehalten werden.

Als die Banken den Geldhahn zudrehten, summierten sich die Verbindlichkeiten auf rund 26 Millionen Euro. Die Gläubiger seien schließlich auf Forderungen von rund 80 Millionen Euro sitzen geblieben. Im Juli 2011 wurde von einem der führenden deutschen Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen sein Sanierungskonzept erstellt worden. Mit „Luftbuchungen” in Höhe von rund 700.000 Euro, mit der die finanzielle Lage geschönt wurde, sei es dann zu einem Engagement durch die Commerzbank und zur Ablösung der Verbindlichkeiten bei den Altbanken gekommen.

Dafür seien zunächst 9,5 Millionen Euro und dann noch zwei weitere Darlehen über insgesamt sechs Millionen zur Verfügung gestellt worden. Als dann im April 2012 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, sei auch noch das Kontokorrentkonto mit rund sechs Millionen Euro in den Miesen gewesen. Die Gesamtforderungen der Commerzbank hätten sich auf rund 20 Millionen Euro belaufen, im Rahmen der Verwertung seien dann lediglich vier Millionen zurückgeflossen.

Der Untreue-Vorwurf gegen den ehemaligen Mehrheitseigentümer resultiert daraus, dass er sich mit fingierten Rechnungen seines Gestüts Famos, bei dem er alleiniger Gesellschafter war, für das Aufstellen von Werbetafeln insgesamt knapp eine halbe Million von Müller Brot überweisen ließ. Untreue wird auch dem ehemaligen Produktionschef vorgeworfen: Er habe als alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer einer Bäckerei in Papenburg für angebliche Dienstleistungen Rechnungen von 400.000 Euro gestellt und bezahlt bekommen. In allen Fällen soll der 49-Jährige die illegalen Zahlungen veranlasst haben, obwohl ihm bewusst gewesen sei, dass damit die wirtschaftliche Krise von Müller Brot nur noch verschlimmert worden sei. Last not least ist noch Lieferantenbetrug in insgesamt 238 Fällen angeklagt, wo bei ein Schaden von 1,65 Millionen Euro entstanden war.

Zum Prozessauftakt hatten die Angeklagten weitgehend durch ihre Verteidiger die ihnen vorgeworfenen Wirtschaftsstraftaten bestritten und die Schuld für die Pleite den Behörden angelastet. „Wäre es nicht zum Produktionsstopp gekommen, hätten wir genügend finanzielle Reserven gehabt, um Müller Brot weiterzuführen und -finanzieren”, so der Mehrheitseigentümer damals.

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