Prozess gegen den Straubinger Dieter T. am heutigen Dienstag fortgesetzt
Mordprozess ohne Leiche – aber mit vielen Indizien

05.07.2017 | Stand 25.07.2023, 6:23 Uhr
−Foto: n/a

Seit Montag muss sich der 59-jährige Dieter T. aus Straubing vor der 1. Großen Strafkammer des Landgerichts Regensburg als Schwurgericht wegen Mordes und Raubes, gemeinschaftlichen Computerbetrugs und unerlaubtem Waffenbesitz verantworten.

Seit Montag muss sich der 59-jährige Dieter T. (Foto) aus Straubing vor der 1. Großen Strafkammer des Landgerichts Regensburg als Schwurgericht wegen Mordes und Raubes, gemeinschaftlichen Computerbetrugs und unerlaubtem Waffenbesitz verantworten. Für das Verfahren sind zunächst neun Verhandlungstage angesetzt.

Seit Mai 2009 ist der 78-jährige Antiquitätenhändler Rudolf P. aus Straubing spurlos verschwunden. Nachdem sein Pkw auf dem Parkdeck eines Supermarktes herrenlos entdeckt worden war, bezogen die Fahnder die Sendung „Aktenzeichen XY ungelöst“ in ihre Ermittlungen mit ein. Kurz darauf wurde der Angeklagte, der von ALG II lebt, festgenommen. Er und der Senior kannten sich seit vielen Jahren. Seinem Umfeld war aufgefallen, dass Dieter T. plötzlich über viel Geld verfügte, sich teuer einkleidete und zu seiner eigenen Hochzeit mit einer aus Nordafrika stammenden Frau nach Marokko flog.

Während der Angeklagte den ihm zur Last gelegten Mord und Raub den Ermittlern gegenüber stets bestritt, soll er diesen gegenüber drei Mitgefangenen gegenüber gestanden haben. Darauf stützt sich auch die Mordanklage. Danach soll er im Mai 2009 den damals 78-jährigen Rentner in dessen Wohnung von hinten erwürgt oder erdrosselt haben, als sich dieser weigerte, ihm erneut Geld zu leihen. Er soll sich dann Bargeld und Edelmetalle im Wert von annähernd 10.000 Euro angeeignet haben, ebenso Schmuck, hochpreisige Uhren und ein Gemälde von Karl Spitzweg sowie eine EC-Karte. Die Staatsanwaltschaft geht weiter davon aus, dass der Angeklagte die Leiche des seit diesem Tag spurlos verschwundenen Seniors „möglicherweise unter Mithilfe einer nicht festgestellten Person“ aus der Wohnung schaffte und sie an einen nicht festgestellten Ort verbrachte.

Rudolf P.'s Sohn, der im Prozess als Nebenkläger auftritt , schilderte am zweiten Verhandlungstag am heutigen Dienstag seinen Vater als einen lebenslustigen, großzügigen Mann, der bis zuletzt noch „Kunst und Krempel“ auf Messen und Flohmärkten zum Verkauf anbot. Einen Tag vor seinem Verschwinden habe er seinen Vater zum letzten Mal lebend gesehen. Drei Tage später fand seine Ehefrau anlässlich ihres Besuchs die Wohnung menschenleer, aber durchwühlt und verwüstet vor. Die hinzu gerufenen Polizeibeamten hätten sich zunächst zurückhaltend gezeigt und ihm empfohlen, er solle erst einmal die Bekannten und die Krankenhäuser abtelefonieren. Tage später seien dann die tatsächlichen Ermittlungen aufgenommen worden.

Bei seinen eigenen Recherchen habe er auch von der Bank erfahren, dass in Tschechien zwei Mal vergeblich versucht worden sei, Geld vom Konto abzuheben. Bei einer Einkaufsfahrt habe er dann den leer stehenden Pkw seines Vaters entdeckt und sofort die Polizei verständigt. Noch während sich die Beamten mit dem Fahrzeug beschäftigten, sei ihm eine blonde Mittdreißigerin aufgefallen, die mit einem Schlüsselbund in der Hand auf das Auto zuging. Als sie die Beamten sah, sei sie verschwunden. Nachforschungen der Polizei über diese Person seien dann im Sande verlaufen. Im Fahrzeug selbst fanden die Ermittler gefüllte Einkaufstüten eines Discounters und zwei Kassenbelege, die auf dem Tag des Verschwindens datiert waren.

Der Angeklagte selbst räumte bislang nur ein, dass er im Hausflur eine Tüte gestohlen habe, in der sich der Geldbeutel mit 170 Euro Bargeld und einem Zettel mit zwei PIN-Nummern befand. Gesichert ist hingegen auch, dass er einer Bekannten eine Dose mit Wertsachen übergab. Einige hiervon stammten zweifelsfrei aus dem Besitz des Rentners.

Der Prozess wird fortgesetzt. Mit im Gerichtssaal anwesend ist eine Psychologin, die ein Gutachten über die Schuldfähigkeit des Angeklagten erstellen soll. Dieser hatte sich bislang geweigert, sich hierzu untersuchen zu lassen. 

Straubing-Bogen