Der Ex-Freund soll werdende Mutter getötet und dann angezündet haben
Mord an Nicole S. – der Prozess beginnt

04.07.2017 | Stand 10.05.2024, 0:13 Uhr

Knapp ein Jahr nach dem grausamen Tod der schwangeren Nicole S. im obersten Stock dieses Hauses im Landshuter Westen wird jetzt ihrem Ex-Freund der Prozess gemacht. Ihm wirft die Staatsanwaltschaft heimtückischen Mord vor. 35 Verhandlungstage sind angesetzt, es wird ein Mammut-Prozess.

LANDSHUT Knapp ein Jahr, nachdem die verkohlte Leiche der 23-jährigen schwangeren Nicole S. in ihrer Wohnung in der Beethovenstraße 20 gefunden wurde, beginnt am 23. September vor dem Schwurgericht des Landgerichts der Mammut-Prozess gegen ihren Ex-Freund, den Koch Christopher M. (26).

Ihm wirft die Staatsanwaltschaft u.a. heimtückischen Mord aus Habgier und niedrigen Beweggründen vor. Er soll die arg- und wehrlose Schwangere heimtückisch getötet und ihre Leiche dann angezündet haben, um die Beziehung zu einer anderen, ebenfalls schwangeren Freundin nicht zu gefährden. So begründet die Staatsanwaltschaft die niedrigen Beweggründe. Habgier sieht sie darin, dass sich der 26-Jährige den Unterhaltszahlungen für sein Kind entziehen wollte. 

Tagelang hatten die Angehörigen Anfang Oktober vergangenen Jahres nichts von Nicole S., die vor ihrer Schwangerschaft als Pflegekraft gejobbt hatte, gehört. „Selbst an meinem Geburtstag, an dem sie mich immer angerufen hat, meldete sie sich nicht. Und auch auf Anrufe reagierte niemand”, so kurz nach dem Auffinden der Leiche ihre Oma Maria Z. (84). Deshalb habe sie den Vater (47) der Enkelin verständigt, der wiederum die Polizei alarmiert habe. Nachdem man die Tür zu ihrem Appartement aufgebrochen hatte, fand man im Flur die verkohlte Leiche.

Schnell gab es für den Ermittler einen Tatverdächtigen: Christopher M., den Ex-Freund der 23-Jährigen und Vater ihres Ungeborenen. Der Koch, der wenige Tage nach dem Auffinden der Leiche in U-Haft landete, beteuert nach den Worten seiner Anwälte Hubertus Werner und Helmut Mörtl permanent seine Unschuld. 

Für die Staatsanwaltschaft hat er aber ein „starkes Motiv”: Er habe das Kind nicht gewollt, angeblich sogar versucht, Nicole S. zu einer Abtreibung zu drängen. Er habe noch eine andere Freundin gehabt, die ebenfalls von ihm schwanger gewesen sei. Vor ihr habe er die Affäre mit der 23-Jährigen verbergen wollen, habe Angst gehabt, dass seine Zukunftspläne mit der „Hauptfreundin” scheitern würden. „Für ihn stand einiges auf dem Spiel”, so der Pressesprecher der Staatsanwaltschaft, Ralph Reiter.

Wie die Schwangere allerdings getötet wurde, konnten die Gerichtsmediziner an der verkohlten Leiche nicht mehr feststellen. Sie war bereits tot, als ihr Körper mit einem Brandbeschleuniger in Brand gesetzt wurde. Aufgrund der Schwere der Verbrennungen war es offenbar den Gerichtsmedizinern nicht mehr möglich, die Todesursache zu bestimmen, ebenso gab es offenbar Probleme, das die exakte Bestimmung des Todeszeitpunktes betraf. „Es wird ein typischer Indizienprozess”, so räumt auch Staatsanwalt Reiter ein. Allerdings sind er und sein Kollege Hubert Krapf, der die Anklage im Prozess vertreten wird, überzeugt, dass „viele kleine Mosaikstücke” für einen dringenden Tatverdacht reichten, zumal er sich in seinen bisherigen Aussagen – insbesondere was die von ihm ins Feld geführten Alibis angehe – in Widersprüche verwickelt habe. 

Die Anwälte des Kochs allerdings sind der festen Überzeugung, dass es außer dem „starken Motiv” keine ausreichende Indizien gegen ihren Mandanten gebe. „Die Staatsanwaltschaft hat sich da in etwas verrannt”, so Rechtsanwalt Werner.

Die Schwurgerichtskammer bereitet sich auf einen Mammut-Prozess vor. Zum Auftakt am 23. September ist die Anklageverlesung geplant, am 27. September steigen die Beteiligten dann richtig ins Prozessgeschehen ein. Insgesamt sind 35 Verhandlungstage terminiert, zu denen 60 bis 80 Zeugen geladen werden. Neben den Ermittlern der Kripo auch Ärzte, Verwandte und Bekannte der Getöteten und des Angeklagten usw. Dazu wird der Prozess von einer ganzen Reihe von Gutachtern, Rechtsmedizinern, Psychiatern und Psychologen, Spurensicherern, DNA- und Brandspezialisten begleitet.

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