Dorfener Sachverständiger (52) hinterzog auch Steuern
Mit Schmiergeld ADAC-Auftrag an Land gezogen

11.07.2017 | Stand 25.07.2023, 0:02 Uhr
−Foto: n/a

Mit Schmiergeldzahlungen sicherte sich ein Dorfener Sachverständiger (52) im Jahr 2009 Prüfungs- und Planungsaufträge für den Neubau der Münchner ADAC-Zentrale.

DORFEN / LANDSHUT Im Rahmen der Ermittlungen gegen ihn flogen dann auch noch Steuerhinterziehungen auf. Das Schöffengericht beim Amtsgericht Landshut fällte jetzt ein „salomonisches” Urteil: Mit einer Bewährungsstrafe für die Bestechungsaffäre und einer Geldstrafe für die Steuerhinterziehung blieb ihm das Gefängnis erspart.

Die von Staatsanwalt Jürgen Rohrmüller vertretene Anklage warf dem Sachverständigen, der auch Geschäftsführer von zwei Firmen ist, vor, im Juni 2009 einen Prüfungs- und Planungsauftrag für ein Gewerk beim Neubau der ADAC-Zentrale durch Schmiergeldzahlungen an Land gezogen zu haben. Dabei habe er mit dem für das Gewerk zuständigen Bauleiter der Baufirma, den er schon seit Jahren gekannt habe, „zusammengearbeitet”.

Der Bauleiter habe sich im Frühjahr 2009 bereit erklärt, dem Dorfener Sachverständigen bei der Vergabe von Planungsleistungen internen Informationen „behilflich” zu sein, um ihm einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Um die ADAC-Vorgaben, dass mindestens drei Angebote für jedes Gewerk einzuholen seien, sei man ferner überein gekommen, dass neben der Firma des 52-Jährigen zwei weitere zur Angebotsabgabe aufgefordert werden sollen, von denen von vorneherein davon auszugehen war, dass sie jeweils ein Angebot mit höheren Preisen abgeben würden. Mit diesen Insiderinformationen habe der Dorfener mit einer Angebotssumme von rund 100.000 Euro dann auch den Zuschlag erhalten, während die Mitbewerber jeweils um rund 30.000 Euro höher lagen. Tatsächlich rechnete die Dorfener Firma netto 133.000 Euro ab.

Und damit nicht genug: Der 52-Jährige erhielt dann auch noch den Auftrag für eine Umplanung bzw. Ertüchtigung eines weiteren Gewerks, nachdem zuvor ein Berliner Büro eine fehlerhafte Planung geliefert hatte. Da machte sich wiederum der Bauleiter für den Dorfener stark, argumentierte damit, dass er bereits mit dem Bauvorhaben vertraut sei. Tatsächlich wurde dann der 250 000 Euro-Auftrag ohne Ausschreibung an das Unternehmen des 52-Jährigen vergeben.

In der Folgezeit, so die Anklage, habe die Dorfener Firma dann von Dezember 2009 bis Mai 2011 noch insgesamt neun Nachtragsangebote für zusätzliche, im Hauptauftrag noch nicht enthaltene Leistungen unterbreitet und für die Durchführung des Auftrags letztlich eine Vergütung von netto 540.000 Euro erhalten. Die Gesamtvergütung für die beiden Gewerke habe sich damit auf netto 673.000 Euro, der Reingewinn für die Dorfener Firma auf 390.000 Euro belaufen.

An den Bauleiter seien für seine „Dienste” insgesamt knapp 68.000 Euro geflossen. Um die Schmiergeldzahlungen zu verschleiern, habe er insgesamt 15 Rechnungen für angeblich von ihm für die Dorfener Firma erbrachten Planungsleistungen gestellt.

Im zweiten Anklagekomplex wurden dem Sachverständigen Steuerhinterziehungen vorgeworfen. Dabei machte er u.a. für die Jahre 2009 und 2010 Betriebsausgaben in Höhe von 136 000 Euro für angebliche Fremdleistungen, die nie erbracht wurden, als gewinnmindernde Betriebsausgaben geltend. Zudem beschäftigte er in seinem Planungsbüro bzw. in seinen Firmen von 2007 bis 2011 zehn Geringverdiener, für die er monatlich Lohnaufwendungen in Höhe von 400 Euro als Betriebsausgaben geltend machte. Dabei erhielten die Mitarbeiter monatlich lediglich zwischen 50 und 250 Euro ausbezahlt. Und last not least leistete er sich ein besonders dreistes Stück: Aus seinen Schmiergeldzahlungen machte er auch noch die Vorsteuer aus den Scheinrechnungen in Höhe von insgesamt rund 11.000 Euro geltend. Insgesamt summierten sich die hinterzogenen Einkommens-, Umsatz-, Körperschafts- und Gewerbesteuer auf 145.000 Euro.

Der Prozess vor dem Schöffengericht beim Amtsgericht fand überwiegend hinter verschlossenen Türen im Rahmen von Verständigungsgesprächen, die Strafrichter Alfred Zimmerer angeregt hatte, statt. Nach zweieinhalbstündigen Beratungen mit Verteidiger Harald Seiler und Staatsanwalt Rohrmüller räumte der Sachverständige dann pauschal sämtliche Anklagevorwürfe ein, wobei er auf einen erheblichen Pluspunkt verweisen konnte: Die hinterzogenen Steuern hat er inzwischen an den Fiskus überwiesen.

Dies und sein umfassendes Geständnis, durch das eine aufwändige Beweisaufnahme unnötig wurde, sicherten ihm eine moderate Sanktion: Für die wettbewerbsbeschränkende Absprache bei Ausschreibungen sowie die Bestechung im geschäftlichen Verkehr verhängte das Schöffengericht eine Bewährungsstrafe von elf Monaten. Für die insgesamt 21 Fälle der Steuerhinterziehung wurde eine separate Geldstrafe von 500 Tagessätzen à 60 Euro, also insgesamt 30 000 Euro, verhängt. Wie schon Staatsanwalt Rohrmüller, so stellte auch Strafrichter Zimmerer in der Urteilsbegründung fest, dass es sowohl beim Bestechungskomplex und bei den hinterzogenen Steuern um erhebliche Beträge gegangen sei, allerdings lägen die Taten auch schon lange zurück und der Steuerschaden sei behoben. Damit, so der Richter, sei das in der Verständigung erzielte Ergebnis nicht falsch.

Erding