Pfarrersbrief mit Herz und Verstand
Menschliche Kirche handelt oft menschlich”

05.07.2017 | Stand 27.07.2023, 12:38 Uhr

Johannes Hofmann, Pfarrer in Neustadt und Regionaldekan, hat dem Wochenblatt exklusiv einen Brief zur Verfügung gestellt, in dem er sich an Menschen wendet, die von der Kirche ausgetreten sind.

NEUSTADT/DONAU Im aktuellen Wochenblatt ist er unser Interviewpartner zu einem sensiblen Thema: Regionaldekan Johannes Hofmann spricht darüber was passiert, wenn Angehörige kurz vor der Beisetzung erfahren, dass der Verstorbene nicht mehr Mitglied der Kirche ist. Zum Thema – das in der Wochenblatt-Ausgabe Kelheim vom 17. November auf Seite 4 nachzulesen ist (auch abrufbar auf der Homepage), hat uns Hofmann auch einen Brief zur Verfügung gestellt, den er so an Menschen verschickt hat, die aus der Kirche ausgetreten sind. 

Hier lesen Sie den kompletten Brief – wir meinen, er ist sensibel und mit Herz und Verstand formuliert. 

„Sehr geehrte ...

Mit Bedauern haben wir heute erfahren, dass Sie Ihren Austritt aus der katholischen Kirche erklärt haben. Ihr Schritt ist uns nicht gleichgültig. Deshalb wende ich mich heute als Pfarrer der katholischen Pfarrgemeinde St. Laurentius in Neustadt an der Donau an Sie.

Wir bitten Sie, uns abzunehmen, dass wir Ihre Entscheidung nicht aus kirchensteuerlichen Gründen bedauern. Vielmehr bewegt uns der Gedanke, der christliche Glaube und die kirchliche Gemeinschaft könnten Ihnen nichts mehr bedeuten. Vielleicht leiden Sie an den Strukturen der Kirche. Wenn es Sie tröstet: uns geht es manchmal ebenso. Aber menschliche Kirche handelt eben oft auch menschlich. Der Herr der Kirche aber ist Jesus Christus. Das ist unser Fundament.

Ihre Entscheidung respektieren wir. Wir halten es aber auch für unsere Pflicht, Sie auf die Konsequenzen Ihres Kirchenaustritts hinzuweisen:

Sie sind also nicht mehr katholisch, sondern bekenntnislos. Sie haben sich durch Ihren Entschluss, aus der Kirche auszutreten, selbst von allen Sakramenten ausgeschlossen, das gilt auch für die heilige Kommunion. - Daraus ergibt sich auch, dass Sie kein Patenamt übernehmen können, weder für die Taufe noch für die Firmung.

Indem Sie sich durch Ihren Schritt von der Gemeinschaft der Kirche verabschiedet haben, kann die Gemeinschaft der Kirche Sie nicht zu Grabe tragen aus Respekt vor Ihrer Entscheidung. Darum bitte ich Sie herzlich: teilen Sie Ihren Kirchenaustritt auch Ihren Angehörigen mit. Sollte eines Tages etwas passieren - vor kurzem habe ich das bei einem tragischen Verkehrsunfall erlebt - dann wird den Angehörigen ein zusätzlicher Schmerz zugemutet, wenn sie vom Kirchenaustritt erfahren müssen. Unterrichten Sie deshalb bitte Ihre Familie von diesem Entschluss!

Mit diesem Brief möchten wir Ihnen aber vor allem sagen, dass die Gemeinschaft der Kirche jederzeit für Sie offen bleibt und dass Sie keine verschlossene Tür finden, wenn Sie wieder ein neues Verhältnis zum christlichen Glauben und der Gemeinde Jesu Christi finden sollten.

Sollten Sie nach diesem Brief den Wunsch haben, mit Ihrem Pfarrer oder einem seiner Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen ein Gespräch zu führen, dann lassen Sie es uns bitte wissen. Dieses Angebot gilt auch für die Zukunft, falls Sie zum heutigen Zeitpunkt keinen Kontakt mit einem Vertreter der Kirche haben möchten.

Verbunden mit allen guten Wünschen grüße ich Sie von Herzen!”

Johannes Hofmann

Pfarrer

Kelheim