Prozess am Landgericht
Landshuter traktierte Großeltern mit Gummihammer

09.07.2017 | Stand 30.07.2023, 14:33 Uhr
−Foto: Foto: Tobias Grießer

Das Motiv blieb zunächst diffus: Eine „Überraschung” versprach der 24-jährige Landshuter seinen Großeltern – und traktierte sie dann mit einem Gummihammer, fügte ihnen vor allem schwerste Kopfverletzungen zu. Seit Mittwoch hat sich der 24-Jährige wegen gefährlicher Körperverletzung vor der 6. Strafkammer des Landgerichts zu verantworten.

LANDSHUT Im Rahmen von Verständigungsgesprächen wurde ihm bereits eine Freiheitsstrafe im Bereich von vier Jahren in Aussicht gestellt. Laut der von Staatsanwalt Thomas Rauscher vertretenen Anklage hatte der 24-Jährige am 11. Dezember letzten Jahres seine in Ergolding lebenden Großeltern besucht und mit ihnen bis kurz vor Mitternacht im 1. Stock der Wohnung einen Fernsehabend verbracht. Danach forderte er sie auf, mit ihm ins Wohnzimmer ins Erdgeschoss zu kommen. Zuvor sollten sie sich aber die Augen mit zwei Schals, die der 24-Jährige zuvor offenbar aus dem Keller geholt hatte, verbinden lassen, da er eine Überraschung vorbereitet haben.

Die Großeltern, die natürlich nichts Böses ahnten und ihrem Enkel vertrauen, folgten ihm dann mit verbundenen Augen ins Wohnzimmer. Dann die böse „Überraschung”: Der 24-Jährige schlug sofort mit einem Gummihammer - wie er bei Pflasterern verwendet wird - zunächst dem Opa mit voller Wucht auf den Kopf und dann der Oma auf den Hinterkopf, als die sich der Augenbinde entledigen wollte. Dabei und beim folgenden Geschehen sei der junge Mann völlig außer sich und wutentbrannt gewesen sein, so die Anklage und habe die Großeltern angeschrieben: „Warum habt ihr mich fünf Jahre angelogen - ihr habt mich fünf Jahre angelogen.”

Den Großeltern gelang es zwischendurch gelungen, davonzulaufen, verfolgt vom Enkel mit dem erhobenen Hammer, mit dem er noch mehrfach zuschlug und auch traf, ehe es ihnen gelang, sich in einem Zimmer zu verbarrikadieren und die Polizei zu verständigen. Die Streifenbeamten mussten die Hintertür zum Haus aufbrechen, um ihn die Wohnung zu gelangen, die der 24-Jährige in der Zwischenzeit schon verlassen hatte. Die Großeltern wurden mit jeweils massiven Kopfverletzungen, insbesondere auch diversen Kopfplatzwunden ins Krankenhaus eingeliefert werden.

Inzwischen, so Rechtsmediziner Dr. Jiri Adamec, seien die Verletzungen, die durchaus auch lebensbedrohlich hätten sein können, so gut wie folgenlos verheilt. Für den 24-Jährigen gab sein Verteidiger Patrick Schladt eine Erklärung ab, in der er die Anklagevorwürfe in vollem Umfang einräumt. „Mein Mandant übernimmt die volle Verantwortung dafür, hat aber nicht in Tötungsabsicht gehandelt, sondern wollte die Großeltern nur, kampfunfähig’ machen”, so der Anwalt. Was das Motiv angehe, sei es in der Kinder- und Jugendzeit seines Mandanten begründet, in der er eine „wahre Achterbahnfahrt” erlebt habe.

In der Zwischenzeit, so der Verteidiger, habe sich der Enkel bei den Großeltern, die übrigens im Prozess nicht als Nebenkläger auftreten und auch mitteilten, dass sie von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen würden, entschuldigt. In der Untersuchungshaft bzw. in der Strafhaft, die er wegen des Widerrufs einer viermonatigen Bewährungsstrafe derzeit verbüße, nehme der 24-Jährige emsig und motiviert an einer Suchtberatung teil, in der es um Alkoholkonsum sowie Kauf- und Arbeitsverhalten gehe.

Dazu habe er auch psychologische Beratungsgespräche wahrgenommen, in der er sich mit der Tat auseinandersetze. Als Einzelkind sei sein Mandant die ersten dreieinhalb Jahre bei seinen Großeltern aufgewachsen, so der Anwalt zum Lebenslauf, habe dann nach der schule eine Ausbildung zur (Chemie-)Produktionsfachkraft gemacht, sei dann allerdings nicht übernommen worden und habe sich dann mit Gelegenheitsarbeiten durchgeschlagen und schließlich als Handelsvertreter selbstständig gemacht, wobei er insbesondere Internetgeschäfte betrieben und auch mit Immobilienfirmen zusammengearbeitet habe.

Entsprechend sein Auftreten auch vor Gericht: Obwohl in Haft nahm er in Anzug und mit Krawatte auf der Anklagebank Platz. Der psychologische Sachverständige bescheinigte dem 24-Jährigen eine durchschnittliche intellektuelle Leistungsfähigkeit, Hinweise auf eine psychiatrische Grunderkrankung lägen nicht vor, allerdings eine Persönlichkeitsakzentuierung mit egozentrischen, impulsiven und narzisstischen Zügen.

Er gebe sich einerseits selbstgefällig mit einer Tendenz zur Selbstüberschätzung, andererseits liege bei ihm eine hohe Lebensunzufriedenheit vor. Angesichts des umfassendes Geständnisses war es zwischen den Prozessbeteiligten zu Verständigungsgesprächen gekommen, in deren Rahmen man sich auf eine Freiheitsstrafe zwischen dreieinhalb und vier Jahre und drei Monate einigte. Das psychiatrische Gutachten, bei dem eventuell auch das Motiv für die Tat klarer werden könnte, wird bei der Fortsetzung des Prozesses am Montag erstattet. Am gleichen Tag dürfte es auch noch zum Urteil kommen.

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