Gericht
Kurios: Strafe bezahlt und dafür nun zwei Mal verurteilt

06.07.2017 | Stand 26.07.2023, 18:22 Uhr

Versicherungsvertreter bekommt die Tücken des Strafgesetzbuches zu spüren.

ROTTAL-INN Der bekannte Spruch, dass man „vor Gericht und auf hoher See in Gottes Hand” ist, kann ein Rottaler Versicherungsvertreter nur bestätigen: Weil er seine Strafe aus einer früheren Verurteilung brav bezahlt hatte, muss er jetzt für neuerliche Betrügereien und Urkundenfälschung noch tiefer in die Tasche greifen und hat auch zwei statt einer Voreintragung im Bundeszentralregister und vermutlich auch im Führungszeugnis.

Bereits vor einem Jahr war der Versicherungsvertreter wegen Betrugs zu einer Geldstrafe von 45 Tagessätzen à 25 Euro (1.125 Euro) verurteilt worden. Damals hatte er eine Bekannte überredet, ihre Krankenversicherung bei einer Münchner Versicherungsgesellschaft nach einer Beitragserhöhung zunächst zu kündigen, um dann umgehend die Kündigung rückgängig zu machen, was ihm dann eine Provision von rund 1.100 Euro einbringen sollte. Die Verurteilung erfolgte letztlich wegen eines versuchten Betrugs, da die Provision nicht ausbezahlt wurde.

In der Folgezeit stieß die Versicherungsgesellschaft auf weitere Tricks des Mitarbeiters: Im April 2009 hatte er für eine Bekannte den Antrag auf eine Lebensversicherung ausgefüllt und ihn eigenhändig mit ihrem Namen unterschrieben. Für den Vertrag bekam er eine Provision von rund 400 Euro überwiesen. Für eine andere Frau hatte er dann im Oktober 2009 einen Vertrag über eine dynamische Unfallversicherung ausgefüllt und wieder die Unterschrift gefälscht. Der „Lohn” dafür: Ganze 18 Euro Provision.

Vom Amtsgericht Eggenfelden wurde er wegen Betrugs und Urkundenfälschung in jeweils zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen à 20 Euro verurteilt, in die die 45 Tagessätze aus der Vorverurteilung einbezogen wurden. Dagegen legte er Berufung ein. Vor der 5. Strafkammer des Landgerichts räumte er zwar die Anklagevorwürfe ein, beteuerte aber: „Ich wollte niemand betrügen. Die eine Bekannte hat sogar ohne zu protestieren zwei Jahre lang ihre Beiträge bezahlt.” Ihre Anzeige sei offenbar auf das Drängen der Versicherungsgesellschaft zurückzuführen, „die  mich los haben wollte.”

Inzwischen sei ihm auch gekündigt worden, doch er habe umgehend einen neuen Job bei einer anderen Gesellschaft gefunden. Den habe er inzwischen allerdings auch verloren: „Es gab ein Telefonat auf Vorstandsebene, bei dem die neue Gesellschaft über meine Verurteilung informiert wurde.”

Vorsitzender Richter Eugen Larasser sah angesichts des Geständnisses des 48-Jährigen und der inzwischen erfolgten Schadenswiedergutmachung durchaus die Möglichkeit, die Gesamtstrafe (einschließlich Vorverurteilung) auf 90 Tagessätze à 20 Euro zu reduzieren. Dann der „Hammer”: Der Versicherungsvertreter merkte an, dass er die Geldstrafe aus der früheren Verurteilung noch vor dem jetzigen Verfahren „auf einen Schlag” bezahlt habe.

Das hatte für ihn allerdings alles andere als die erhofften positiven Konsequenzen; denn, wie ihn der Vorsitzende Richter aufklärte, sei damit das Urteil in erster Instanz falsch gewesen, es hätte keine Gesamtstrafe mehr gebildet werden dürfen. Die Kammer verhängte dann für die zwei Fälle des Betrugs und der Urkundenfälschung eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen à 20 Euro. Das moderate Strafmaß begründete der Vorsitzende Richter auch mit einem „Härteausgleich” für die nicht mehr mögliche Gesamtstrafenbildung.

Dem Versicherungsvertreter war damit, wie er beklagte, nicht geholfen; denn, so seine Befürchtung: „Mit jetzt zwei Verurteilungen habe ich so gut wie keine Chance mehr, in der Branche einen Job zu bekommen. Damit ist mein Leben kaputt.”

Rottal-Inn