Neuer Verein
„Kultur sollte gefördert werden, auch wenn sie nicht immer rentabel ist“

28.03.2019 | Stand 13.09.2023, 6:35 Uhr
−Foto: Foto: Birndorfer

2. Vorsitzender des Vereins „TU ES!“, der den Geist des Club Bogaloo erhalten will im Wochenblatt-Interview.

PFARRKIRCHEN Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Als Reinhard Wimmer Ende 2018 bekannt gab, dass sein Club Bogaloo im Januar 2019 schließen soll, formierte sich heftiger Widerstand unter den Fans der Subkultur. Eine „Action Crew“ wurde gegründet, die flugs eine Demo vor dem Pfarrkirchner Rathaus organisierte. Seit ein paar Tagen gibt es einen Verein, der sich „TU ES e. V.“ nennt. Das Wochenblatt sprach mit 2. Vorsitzendem Sefan Birndorfer (43).

Wochenblatt: Warum tun sich Subkultur-Clubs wie das Bogaloo so schwer zu überleben?

Stefan Birndorfer: Aus meiner Sicht hat sich natürlich die Jugendkultur verändert. Im Internet kann man alles finden, wonach einem der Geschmack steht. Aber eben auch vereinheitlicht. Und da passt eben dann das Retroambiente nicht mehr ins Bild. Dass dieses Ambiente oft erzwungener Maßen entsteht, sei es aufgrund hoher Betriebskosten oder Unsicherheit wie es weiter geht –beides trifft ja auf das Bogaloo zu – wird häufig übersehen. Reinhard Wimmer hat das Programm eingestellt, weil sowohl die Raumsituation als auch die zeitliche Perspektive vollkommen unklar sind und nicht aus wirtschaftlichen Gründen oder weil er sich abgenutzt hat. Ich verstehe den Reini schon, wenn er sagt: ich wäre voll motiviert auch in einer anderen Location weiter zu machen, wenn die Kommune hinter dem Ganzen steht und dies unterstützt. Kultur sollte gefördert werden, auch wenn sie nicht immer rentabel ist. Alleine um die Vielfalt zu erhalten. Vielfalt und Zeitgeist hat das Bogaloo immer geboten, wenn man betrachtet, welche Größen dort ihren Anfang hatten.

Seit Ende 2019 gibt es die Action Crew. Welche Aktionen liefen bisher?

Nach der Demo haben wir schnell bemerkt, dass wir den Übergang auf eine seriösere Ebene schaffen müssen. Eine Facebook Seite ist da doch eher wild und unorganisiert. Deshalb haben wir uns entschlossen, einen Verein zu gründen. Es ging erst einmal darum die Vereinsgründung voranzutreiben. Wir haben viele Gespräche mit Politikern, kreativen Köpfen und auch anderen Kulturvereinen geführt.

Welche Personen stecken hinter dem Verein und welche Ziele hat er?

Die Personen hinter dem Verein sind so bunt gemischt, wie das Gut, welches wir erhalten wollen. Einig sind wir uns in dem Ziel, dass wir eine Lücke, welche das Bogaloo hinterlassen würde, nicht kommentarlos hinnehmen wollen. Es soll klar werden, dass Kultur eben nicht nur eine privatwirtschaftliche Zusatzleistung ist, sondern es schon auch im Aufgabenbereich der Stadt liegt, hier zumindest strukturell oder finanziell zu unterstützen. Das funktioniert sogar in wesentlich kleineren Gemeinden. Siehe Gumpersdorf, Workshop Orange e.V..

Wie sind die bisherigen Reaktionen von Seiten der Stadt auf Ihre Aktivitäten?

Bürgermeister Beißmann und einige Stadträte stehen unserer Sache offen und positiv gegenüber. Einzelne Stadträte haben sich aber auch sehr darüber entrüstet, dass wir tatsächlich eine Demonstration organisiert haben – wir sind aber eben auch in einem vielfältigeren kulturellen Umfeld aufgewachsen als jenes, das jetzt meinen Kindern blüht. Öffentlich scheint das Interesse des Stadtrates an einer für unsere wachsende Hochschulstadt gewinnbringenden Lösung – mit Ausnahme vereinzelter Verteidigungsangriffe in den Printmedien – gering. Ich denke aber schon, dass das Thema regelmäßig eine Rolle in den Sitzungen spielt. Kultur ist die Gesamtheit der geistigen, künstlerischen und gestaltenden Leistungen einer Gemeinschaft als Ausdruck menschlicher Höherentwicklung. Eine Verteidigungshaltung uns gegenüber wäre nicht nötig, wir wollen mit der Stadt etwas erhalten, was für eine Stadt dieser Größenordnung ein Alleinstellungsmerkmal ist – auch wenn es aus einem privatwirtschaftlichen Unternehmen entstanden ist.

Was hat der Verein als nächstes geplant?

Da ist für die Öffentlichkeit sicher die Vereinsgeburtstagsfeier am 29. März ab 23 Uhr im Club Bogaloo zu nennen. Es gibt keinen Vorverkauf, einfach rechtzeitig kommen. Wir brauchen natürlich Mitglieder, um Projekte stemmen zu können. Erste Konzerte und DJ Abende im Bogaloo sind auch schon geplant – dem momentan einzig verfügbaren Standort, für derartige Veranstaltungen.

Hofft der Verein letztlich auch auf finanzielle Unterstützung durch die Stadt, was bisher nicht möglich war?

Da hoffen wir verstärkt drauf, wobei es wohl nicht allzu viel geben wird, wenn man sich den Haushalt anschaut. Vor allem setzen wir aber auf mehr Unterstützung in Sachen Raumsituation. Wir wollen dem Stadtrat die Möglichkeit geben, anhand eines Fragebogens Stellung zum Thema Kultur und kultureller Entwicklung zu nehmen. Und zu guter Letzt, wäre es natürlich toll, wenn wir es schaffen, einen runden Tisch mit Entscheidern, Unterstützern und Entwicklern zu organisieren.

Falls es auf Sicht nichts mehr werden würde mit dem Bogaloo am bisherigen Domizil und eine neue Location in Pfarrkirchen nicht aufzutreiben ist: Wäre der Verein auch offen, aus der Stadt heraus zu gehen?

Wenn es anderswo im Landkreis eine Spielstätte gibt, machen wir Veranstaltungen dort. Da sind wir nicht ortsgebunden. Aber wir hoffen wirklich, dass die Stadt ihre Verteidigungshaltung aufgibt. In Pfarrkirchen gibt es ja auch große Firmen, vielleicht findet sich ja sogar ein Sponsor.

Weitere Infos zum Verein gibt es auf Facebook oder per Mail: tu-es@outlook.de.

Rottal-Inn