Busfahrerin sorgt für Diskussionen
Kopftuchstreit im Stadtbus

06.07.2017 | Stand 13.09.2023, 4:53 Uhr
Alexander Schmid

In Saudi-Arabien kämpfen die muslimischen Frauen momentan darum, überhaupt ein Auto fahren zu dürfen. In Landshut sieht das zum Glück anders aus. Da gibt es sogar eine Muslimin, die hinter dem Steuer eines Stadtbusses sitzt und den gekonnt durch die Straßen lenkt. Ärger gibt es aber trotzdem. Nicht, weil eine Frau am Steuer sitzt oder weil sie dem Islam angehört. Die Frage ist vielmehr: Darf sie das auch offen zeigen, indem sie während der Arbeit ein Kopftuch trägt?

LANDSHUT Montag, 13.07 Uhr. Der Bus der Linie 555 steht vor der Realschule Ergolding, wartet auf die Schüler. Kaum ein Fahrgast nimmt noch Notiz von der Fahrerin, die die Dienstkleidung der Landshuter Verkehrsbetriebe trägt.

Und doch ist die Dame am Steuer etwas Besonderes. Anders als die anderen Busfahrer muss sie sich nicht so strikt an die Kleiderordnung halten, wie es eigentlich gefordert ist. Die Frau trägt ein Kopftuch, ein Symbol ihres Glaubens – und stellt die Stadtwerke Landshut damit vor ein Problem, über das man lieber nicht sprechen möchte.

Hinter den Kulissen wird wegen der Busfahrerin mit Kopftuch nämlich bereits heftig diskutiert. Bei den Fahrgästen zum Beispiel, die sich fragen, ob das denn wirklich sein muss, wo es doch sogar Lehrerinnen in Bayern verboten ist, ein solches Glaubenssymbol zu tragen. Einige Landshuter beschwerten sich darüber bereits in der Wochenblatt-Redaktion.

Und natürlich wird auch bei den Busfahrern der Verkehrsbetriebe, die sich seit Jahren an eine strikte Kleiderordnung halten müssen, geredet. Für viele ist es natürlich nicht nachvollziehbar, warum es ausgerechnet hier eine Ausnahme von der strengen Kleiderregel geben soll, an die sie sich alle halten müssen.

„Kein Kommentar“, so die Antwort vom Leiter der Verkehrsbetriebe, Claus Nußrainer, nachdem dieser sich mit dem derzeitigen Leiter der Stadtwerke, Werner Maier, nach einer Wochenblatt-Anfrage abgesprochen hatte. Man wolle nicht noch Öl in die Flammen gießen.

Nur so viel war zu erfahren: Bei der Fahrerin handelt es sich um die Mitarbeiterin eines Personaldienstleisters. 20 solcher „Leih-Fahrer“ würden ihren Dienst bei den Verkehrsbetrieben Landshut verrichten. Sich den Diskussionen auf Dauer zu entziehen, das kann man freilich nicht. Denn schließlich entscheiden immer noch die Verkehrsbetriebe, wer wie gekleidet die Busse steuern darf. Fest steht: Am liebsten würden die Stadtwerke den Mantel des Schweigens darüber breiten. Man will schließlich nicht als intolerant dastehen. Andererseits kann man anderen nicht verbieten, was man manchen erlaubt.

Sicher ist eines: Die Diskussionen werden weitergehen, ähnlich wie nach dem Urteil im Kruzifix-Streit. Das Bundesverfassungsgericht hatte 1995 entschieden, dass Kreuze in Klassenzimmern nicht hängen dürfen, weil sie der Religionsfreiheit im Sinne des Grundgesetzes widersprechen würden.

Allerdings wurde dieses Urteil in vielen Bundesländern dadurch ausgehebelt, dass man im Einzelfall klagen muss und die Interessen der breiten Masse gegen die Einzelner abgewogen werden. Soll heißen: Getan wird, was die Mehrheit will.

In Bayern mussten bisher lediglich in einem Fall, im Jahr 2002, die Kreuze aus Klassenzimmern einer Schule entfernt werden. Ein Lehrer hatte sich dadurch gestört gefühlt, geklagt und Recht bekommen.

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