Debatte
Kinderehen: Zwei minderjährige Mädchen gibt es auch im Landkreis Regensburg

10.07.2017 | Stand 13.09.2023, 1:50 Uhr
−Foto: Foto: ce

Die Debatte über die Zwangsheiraten, die hierzulande gültig sind, betrifft auch die Region Regensburg. Nach Informationen des Wochenblattes gibt es derzeit zwei Kinderehen, die von den Behörden intensiv betreut werden.

REGENSBURG Nein, noch vor einem Jahr hätte sich sicherlich niemand träumen lassen, über was derzeit ganz Deutschland diskutiert: Soll es in bestimmten Fällen eine Anerkennung von Kinderehen geben? Und wenn nein, was bedeutet das für die Mädchen? Seit der Justizminister Heiko Maas einen Gesetzesvorschlag mit Ausnahmen vorgelegt hat, den er nach Protesten umgehend wieder zurückzog, ist klar: Deutschland muss sich angesichts der Flüchtlingskrise mit längst überwunden geglaubten, mittelalterlichen Eheformen auseinandersetzen.

Und auch in Regensburg sind Richter mit Kinderehen befasst. „Es ist richtig, dass auch Richter in Regensburg mit einem Verfahren befasst waren, bei dem eine minderjährige Frau beteiligt war“, sagt der Sprecher des Amtsgerichts, Alexander Guth. Genau nachvollziehen konnte er nicht mehr, um welches Verfahren es sich handelte.

Vielleicht ging es ja um Amir und Alia, über die das Wochenblatt bereits berichtete: Denn sie strandeten nach einer Flucht aus Syrien schließlich in Regensburg. Alia war 15, ihr Ehemann, den sie nach Scharia-Recht geheiratet hatte, mit 21 bereits volljährig. Als sie nach Schweinfurt umgezogen waren, wollte das Jugendamt Alia unter Vormundschaft stellen. Dagegen klagte das Paar, gewann – das Oberlandesgericht Bamberg urteilte, das Recht des Paares auf ihre in Syrien geschlossene Ehe ginge vor.

Im Sommer 2016 war auch die Stadt Regensburg mit einem Fall befasst, in dem beide Ehepartner noch minderjährig waren. „Da noch beide Ehepartner minderjährig waren, war das Familiengericht intensiv mit der Frage beschäftigt, wie eine Vormundschaft zu regeln sei“, antwortete die Stadt auf eine Anfrage des Wochenblattes noch im Juni. Offenbar ist das Paar nun weggezogen oder beide Partner sind nun volljährig – die Ehe hatte jedenfalls Bestand. Die Reaktion der Stadt auf die Kinderehe war übrigens, beide Eheleute zusammen vom Kinder- und Jugendtrakt des Michlstifts, wo sie untergebracht waren, in den Erwachsenentrakt zu verlegen. Übrigens hatte man dem Wunsch des Ehepaares stattgegeben, dass der volljährig gewordene Ehemann schließlich die Vormundschaft für seine noch minderjährige Frau übernahm.

Kinderehen gibt es noch im Landkreis. Der Sprecher des Landratsamtes teilt uns mit: „Unser Kreisjugendamt betreut im Rahmen der Jugendfürsorge beziehungsweise der Hilfe zur Erziehung aktuell zwei minderjährige verheiratete Mädchen“, so Sprecher Hans Fichtl. Sie sind 16 und 17 Jahre alt, beide kommen aus Syrien und leben zusammen mit ihren Ehemännern und jeweils einem gemeinsamen Kind in einer Unterkunft oder Wohnung. Fraglich ist, ob der deutsche Staat, vor allem, wenn bereits Kinder in der Ehe geboren wurden, diese Ehen einfach aufheben oder nicht anerkennen sollte. Vielleicht wird dennoch klar, welches Problem wir mit Kinderehen ins Land geholt haben: Beide Frauen waren sicher unter 16, als sie die Kinder bekamen. Die Männer schon lange volljährig: Der eine 26, der andere 33. Also doppelt so alt wie die Ehefrau.

Regensburg