Verkündigung darf Menschen nicht "katalogisieren"
Kardinal Marx warnt vor "moralischem Rigorismus"

09.07.2017 | Stand 30.07.2023, 4:11 Uhr
−Foto: Foto: Christian Eckl

Kardinal Reinhard Marx hat vor einem "moralischen Rigorismus" in der Verkündigung gewarnt. Weder dürfe die Kirche "Menschen katalogisieren", sagte der Erzbischof von München und Freising am Montagabend, 2. Februar, bei der Feier zum Fest Darstellung des Herrn, auch Mariä Lichtmess genannt, im Münchner Liebfrauendom.

FREISING/MÜNCHEN Ebenso falsch sei es aber auch zu denken, "nur weil etwas ist, was und wie es ist, bedeutet schon, dass es gut ist". Marx erinnerte in seiner Predigt daran, dass Gott sich in seiner Menschwerdung „mit jedem Menschen verbunden“ habe. Das Fest Darstellung des Herrn erinnere daran, dass Gott ein annehmender Gott sei. „Das bedeutet aber nicht, dass alles in Ordnung ist, was der Mensch tut.“ Dieser Gedanke habe "Auswirkungen bis auf die Fragen, mit denen wir uns bei der Synode beschäftigen". Die Bischofssynode im Herbst geht der Frage nach "Berufung und Sendung der Familie in Kirche und Welt von heute" nach.

"Gott wird in der Menschwerdung zum Licht", sagte Marx. Auch im Wesen des Menschen liege es, nach Offenheit, Aufklärung und Licht zu streben. Er sei eben "nicht fertig", sondern sei zu einem "größeren Leben" zu Gott hin bestimmt. Durch seine Menschwerdung baue Gott den Menschen eine Brücke dort hin.

Ebenso brächten die Ordensleute „Licht in die menschliche Natur, sich nach diesem ganzen Leben auszustrecken“, würdigte der Erzbischof das Wirken der Nonnen und Mönche in der Erzdiözese. "Bitten wir den Herrn, dass wir getaufte und gefirmte Christen uns alle in diese Dynamik hineinbegeben, die wir durch das Entzünden des Lichtes entfacht haben", sagte er mit Blick auf den Brauch, zu Mariä Lichtmess Lichterprozessionen abzuhalten.

Zu den Feiern sind jedes Jahr insbesondere Ordensleute und Mitglieder der geistlichen Gemeinschaften eingeladen, da Mariä Lichtmess auch als "Tag des geweihten Lebens" begangen wird, an dem das Gebet für Ordensfrauen und Ordensmänner im Mittelpunkt steht. Um die Aufmerksamkeit auch im Jahresverlauf auf die verschiedenen Formen des Ordenslebens zu lenken und daran zu erinnern, welchen Dienst Ordenschristen für die Kirche und Gesellschaft übernehmen, wurde 2015 zum "Jahr der Orden" mit einer Fülle von Veranstaltungen ausgerufen.

Das Fest Darstellung des Herrn erinnert an die Darbringung Jesu im Tempel: Der jüdischen Tradition folgend, bringen Maria und Josef ihren erstgeborenen Sohn 40 Tage nach seiner Geburt in den Tempel, um ihn Gott zu weihen. Durch ein Geldopfer lösen sie ihn wieder aus. Der greise Simeon erkennt Jesus als Sohn Gottes und nennt ihn "Messias des Herrn" und "ein Licht, das die Heiden erleuchtet". Die Tradition der Lichterprozessionen entstand bereits im ersten Jahrtausend nach Christus, vermutlich auch in Anlehnung an Prozessionen in vorchristlicher Zeit. Aus der Lichtsymbolik erwuchs der Brauch, an diesem Tag die für das kommende Jahr benötigten Kerzen zu weihen. Wegen seines inhaltlichen Bezuges zu Weihnachten gilt das Fest Darstellung des Herrn traditionell als Abschluss der Weihnachtszeit, so dass in manchen Kirchen und Familien der Weihnachtsschmuck erst an diesem Tag abgenommen wird. Der Feiertag Mariä Lichtmess war auch lange Zeit im bäuerlichen Kalender ein wichtiger Termin, an dem die winterliche Arbeitspause endete. Knechte und Mägde bekamen ihren Lohn und konnten den Arbeitgeber wechseln. 

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