Viktoria Kortmann (28) aus Lettland hat's bewiesen
Integration: "Alles nur eine Frage des Willens"

05.07.2017 | Stand 25.07.2023, 9:03 Uhr

Das Schlagwort in der Bundesrepublik war im Jahr 2010 zweifelsfrei „Integration“. Ein Feuer, entfacht vom SPD-Politiker und Buchautor Thilo Sarrazin.

FREISING Plötzlich wurde allenorts offen über mangelnde Integrationsbereitschaft von Migranten in Deutschland diskutiert. Ein Tabuthema schien gebrochen. Gerade in Zeiten, in denen medial immer wieder über die vielen negativen Beispiele für Integration berichtet wird, sollte gleichermaßen über die Kehrseite der Medaille berichtet werden. 

Ausländer, die nach Deutschland kommen und binnen kürzester Zeit nicht nur die Sprache lernen, sondern sich auch den gesellschaftlichen Regeln unterordnen. Ein Paradebeispiel hierfür ist die 28-jährige Freisingerin Viktoria Kortmann. Sie zog 2009 samt ihrer heute 9-jährigen Tochter Viola vom lettischen Daugavpils nach Oberbayern.

Unterstützung hatte sie dabei von ihrem heutigen Mann, Hardy Kortmann. Der 42-Jährige erinnert sich, wie sich die beiden kennenlernten: „Meine Großmutter ging seiner Zeit in Lettland zur Schule und hat häufiger von dem Land erzählt. Vor sechs Jahren habe ich mir dann eine alte Mühle in Lettland gekauft, als Ferienwohnsitz sozusagen.“ Just in der Zeit habe er dann seine heutige Frau kennengelernt. Nach einer Weile Fernbeziehung ging’s dann relativ schnell.

Viktoria Kortmann zog mit ihrer Tochter nach Deutschland. Für sie war sofort klar, dass sie schnellstmöglich die Sprache lernen wollen würde. „Das ist einfach das Wichtigste“, sagt sie heute. „Ich kann einfach nicht verstehen, wie Menschen in dieses Land kommen können, hier zehn Jahre lang leben und dann trotzdem kaum Deutsch sprechen.“ Sie sei in der Anfangsphase stets von ihrem Mann abhängig gewesen. „Ich konnte ja mit meiner Tochter nicht mal alleine zum Arzt gehen, weil ich kein Deutsch kannte.“ Ein Zustand, der nicht lange Bestand haben sollte.

Denn Viktoria Kortmann belegte einen Integrationskurs an der vhs Freising und schloss diesen in Windeseile als Kursbeste ab. Klar, dass da erstmal Euphorie angesagt ist. Die deutschen Behörden wussten diese allerdings vehement zu bremsen. „Ich wollte sofort arbeiten, nachdem ich die Sprache beherrschte. In der Agentur für Arbeit sagte man mir allerdings nur, ich müsste mir schon selbst einen Job suchen. Dass man in so einem Amt so wenig Unterstützung erhält, kannte ich aus Lettland gar nicht“, sagt die heute 28-Jährige. 

Und es sollte noch dreister kommen. Weil sie anfangs noch Probleme mit dem bayerischen Dialekt hatte, weigerte sich eine Arbeitsvermittlerin hochdeutsch mit Viktoria Kortmann zu reden. „Sie sind hier in Bayern, also müssen sie auch bayerisch lernen!“, lautete die verbale Watsch’n. 

Ungeachtet dessen ging Viktora Kortmann weiter ihren Weg und setzte sich durch. Mittlerweile als Russisch-Dozentin an der vhs Freising und in Teilzeit im Hort in der Kindertagespflege. „Ich bin total happy“, sagt sie und kann jedem Einwanderer nur einen Ratschlag geben: „Es ist alles nur eine Frage des Willens.“ Die 28-Jährige muss es wissen, schließlich spricht sie heute genauso wie ihre Tochter fließend deutsch.

Freising