Für Ausbeutung und Arbeitszeitdiebstahl
Ilse Aigner demonstriert mit Wirten

09.07.2017 | Stand 29.07.2023, 20:31 Uhr
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Die bayerische Wirtschaftsministerin Ilse Aigner hat am Montag in München mit Wirten für Ausbeutung und Arbeitszeitdiebstahl demonstriert.

MÜNCHEN Im Rahmen eines Arbeitsgespräches tauschte sich die Bundestagsabgeordnete der SPD Dr. Bärbel Kofler mit Georg Schneider, Vorsitzender der Gewerkschaft Nahrung–Genuss-Gaststätten Region Rosenheim-Oberbayern, über die Auswirkungen des Mindestlohngesetzes, das seit 1. Januar 2015 in Kraft ist, aus.

„Die bisherigen Erfahrungen sind durchaus positiv, vielen Geringverdienenden musste das Entgelt angehoben werden und die oftmals prognostizierte Arbeitsplatzvernichtung findet nicht statt", so Georg Schneider. Bärbel Kofler und Georg Schneider sind sich darüber einig, dass das Gesetz seine Wirkung entfalte, das macht auch insbesondere die Kampagne der Arbeitgeber gegen angebliche „Überbürokratisierung“ deutlich. „Es ist ein Treppenwitz der Geschichte, wenn Wirte die Aufzeichnungspflicht der Arbeitszeiten von Geringverdienern anprangern. Hier soll weiterhin der Ausbeutung durch Arbeitszeitdiebstahl Tür und Tor geöffnet werden. Wir kennen das bereits seit vielen Jahren, wo Arbeitnehmer durch unbezahlte Arbeitszeit betrogen werden. Der Gipfel der Lächerlichkeit in diesem Zusammenhang stellt die ‚Demonstration der Wirte‘, allen voran Ilse Aigner am Montag den 20.4.15 in München dar.“ kommentierte Georg Schneider.

An diesem Montag fand in München eine merkwürdige Demonstration statt. Ein Zug von Abordnungen des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes DEHOGA bewegte sich vom Odeonsplatz über den Stachus zur Theresienwiese. Dort auf dem Münchner Frühlingsfest im Festzelt „Hippodrom“ fand dann die entsprechende Abschlusskundgebung statt, unter Beteiligung der bayerischen Wirtschaftsministerin Ilse Aigner. Der Präsident des bayerischen DEHOGA, der Oberpfälzer Hotelier Ulrich N. Brandl, lamentierte 40 Minuten lang über den „Dokuwahn“ und das „Bürokratiemonster“ Mindestlohn. Bereitwillig ließ sich Ilse Aigner von den Hoteliers und Gastwirten vor den Karren spannen.

Gemeinsam mit den Wirten und Hoteliers lamentierte die Ministerin über „unpraktikable Regelungen“, polemisierte gegen „das Bürokratiemonster à la Nahles“ und den „Dokumentationswahn bei der Erfassung Arbeitszeiten“. Nicht nur, dass Ilse Aigner mit den Wirten gegen den gültigen Tarifvertrag demonstrierten, in dem die Aufzeichnungspflicht zwingend vorgeschrieben ist, scheinbar hat Frau Aigner auch vergessen, dass das Gesetz ihre eigene Koalition im Bundestag den Mindestlohn beschlossen hat. Die Frage, so Dr. Bärbel Kofler und Georg Schneider, sei auch erlaubt, wie führen diese Arbeitgeber eigentlich ihre Gaststätten und Hotels, wenn sie noch nicht mal in der Lage sind Arbeitszeiten von Beschäftigten aufzuschreiben? So kann es nur im Interesse aller seriösen Arbeitgeber sein, die Arbeitszeit korrekt zu erfassen.

Eine Branche die in der Öffentlichkeit den Ruf „genießt“ „Schwarzarbeit“ zu fördern, wettert nun mit Vehemenz gegen eine ordentliche Dokumentation und Erfassung von Arbeitszeiten, das lässt nur einen Schluss zu, den Mindestlohn zu unterlaufen und den Beschäftigten Arbeitszeit zu stehlen und der Ausbeutung Tor und Tür zu öffnen, und dies mit dem Segen der bayerischen Wirtschaftsministerin Ilse Aigner.

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