Bayer. Wald-Vereins-Sektion hatte zum Filmabend eingeladen
Herrmanns Film: Ein faszinierender Blick in unsere Kindheit

17.10.2017 | Stand 13.09.2023, 2:03 Uhr
Hans Weiß
−Foto: n/a

Wer sich am Mittwochabend Zeit nahm für den Filmabend, zu dem die Wald-Vereins-Sektion in den Bürgersaal des Rathauses eingeladen hatte, der durfte beim Start des einstigen Deggendorfer Imagefilms eintauchen in eine längst versunkene Welt, mit grandiosen Aufnahmen aus allen vier Jahreszeiten, mit wunderschönen Bildern aus Kirchen und Klöstern und Eindrücken des Lebens, das die Älteren noch aus ihrer eigenen Kindheit in Erinnerung haben. Andreas Janich übernahm wieder einmal den film- und tontechnischen Teil des Abends.

DEGGENDORF/DRACHSELSRIED Sektionsvorsitzender Gerd Matl freute sich, dass der Bürgersaal im Drachselsrieder Rathaus voll war mit interessierten Bürgern, die mit diesem Film wieder einmal ihren mittlerweile 80 Jahre alten Mitbürger Hans Herrmann als einen hochrangigen Kunstschaffenden erleben konnten. Ende der Sechziger Jahre hatte er zusammen mit dem Schriftsteller und Landschaftsarchitekten Wolfgang Skala vom Landkreis Deggendorf den Auftrag erhalten, einen aussagekräftigen Imagefilm zu drehen.

Vier Jahre nahm sich Hans Herrmann für diese Arbeit Zeit, um alle Facetten der verschiedenen Jahreszeiten einzufangen, ein faszinierendes Kaleidoskop einer noch bunten und vielfältigen Natur in Wald und Feld, am Ufer von Donau und Isar aufzuzeichnen, der vielfältigen Arbeitswelt in Landwirtschaft und Industrie nachzuspüren, die reichen Kunstschätze in Kirchen und Klöstern auf Zelluloid zu bannen. Dabei ist ein umfassendes Zeitbild entstanden, das Portrait einer jungen Generation, die voll Tatendrang die Heimat umzugestalten begann und dabei auch viel verlor, weil weder die überkommene Baukultur viel galten noch die empfindliche Natur des Vorwaldes angemessen geschätzt wurde.

Hans Herrmann drehte den 16mm-Kodachrome-Farbfilm mit einer französischen Beaulieu-Filmkamera und erzielte auf seinem Streifen eine grandiose Farbbrillanz, mit fantastischen Sonnenuntergängen, wogenden Blütenmeeren der damals noch bunt blühenden Wiesen. Der Holzschnitzer in seiner Werkstatt kommt genauso vor wie die Fabrikarbeit im Textilwerk oder der Werft, der mit Ross pflügende oder mit dem Kuhgespann werkelnde Kleinbauer auf dem kargen Bayerwaldacker ebenso wie die Vollernter auf den weiten Getreide-, Kartoffel- oder Zuckerrübenfeldern des fruchtbaren Gäubodens, dessen reiche Ernten den Rohstoff für die industrielle Zuckerproduktion liefern.

Dazwischen immer wieder Szenen, in den die Lebensfreuden der Sechziger Jahre aufblitzen bei festlichen Einweihungen, beim Radrennen, beim Schlittenfahren im engen Walddorf, beim Dackel-Schönheitswettbewerb in Gergweis. Mit Wolfgang Skala, der heute am Rand des Lallinger Winkels seinen Lebensabend verbringt, entwickelte Hans Herrmann das Drehbuch, zu dem er selbst wunderbare Musikstücke wie die „Sphärische Musik“ von Hector Berlioz fügt. Einst als Image- und Werbefilm für einen aufstrebenden Landkreis Deggendorf konzipiert, ist der insgesamt 62 Minuten lange Streifen in zwei Teilen heute ein faszinierendes Zeitdokument niederbayerischen Lebens der Sechziger Jahre.

Die darin enthaltene Mahnung: „Aus Tradition und Fortschritt kann sich eine Zukunft läutern, die lebenswert bleibt und Platz lässt für das, was liebenswert ist“ kann man doppelt verstehen: Heute sehen, was wir bereits verloren haben, und entschlossen sein, das zu retten, was wir an Erhaltenswertem noch haben. 

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