Angeklagter hatte hunderte Kinder- und Jugendpornos
Haiti-Prozess: Missbrauchsopfer (13) sagt aus

06.07.2017 | Stand 27.07.2023, 1:11 Uhr
−Foto: n/a

Im Prozess gegen den 58-jährigen Berliner Ingenieur Hans B., der sich wegen sexuellen Missbrauchs haitianischer Buben und schweren Menschenhandels zu verantworten hat, wurde eines der mutmaßlichen Opfer, der inzwischen 13-jährige Flavio, gestern vor der Jugendkammer des Landshuter Landgerichts unter Ausschluss der Öffentlichkeit vernommen.

FLUGHAFEN / LANDSHUT Ein Sachverständiger berichtete am 2. Verhandlungstag über pornografisches Material in Hülle und Fülle, das auf Computern und Speichermedien des einstigen Projektmanagers des angeblichen Hilfsvereins „Promote Afrika e.V.” gefunden wurde.

Die Anklage wirft - wie zum Prozessauftakt im Dezember berichtet - dem Ingenieur vor, unter dem Deckmantel des Berliner Hilfsvereins in der Dominikanischen Republik und in Haiti Buben im Alter von zwölf bis 13 Jahren sexuell missbraucht und sie an Pädophile vermittelt zu haben. Im Februar dieses Jahres soll er mithilfe des inzwischen zu einer Bewährungsstrafe von 14 Monaten verurteilten brasilianischen Fußballers Francesco de L. (27), der zuletzt in Berlin kickte, den damals zwölfjährigen Flavio nach Deutschland verschleppt zu haben, um ihn weiterhin sexuell auszubeuten.

 Der Brasilianer hatte für den Buben mit einer gefälschten Geburtsurkunde in der DomRep bei der brasilianischen Botschaft in Santa Domingo einen Pass besorgt und sich dann bei der Landung auf dem Münchner Flughafen im Erdinger Moos als dessen Vater ausgegeben. 

 Allerdings waren die Zollbeamten misstrauisch geworden, die beiden Männer wurden festgenommen. Da der Flughafen zum Einzugsbereich des Landgerichts Landshut gehört, findet der Prozess vor der dortigen Jugendkammer statt. Im Mittelpunkt des gestrigen zweiten Verhandlungstages stand die Vernehmung des mutmaßlichen Opfers, eines schlaksigen, großgewachsenen vermeintlich 13-Jährigen Buben. Sein tatsächliches Alter zu klären, wird wohl einem Sachverständigengutachten vorbehalten bleiben. Seine Vernehmung, die bis in den Nachmittag hinein andauerte, erfolgte unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

 Ein Erdinger Sachverständiger für Datenrecherche und -auswertung berichtete vor der Kammer über die Durchsuchung der Datenträger, die bei dem Berliner Ingenieur bei der Einreise bzw. in seiner Wohnung sichergestellt worden waren. Dabei handelte es sich um Computer- und Laptopfestplatten, USB-Sticks, SD-Karten für Digitalkameras usw. Darauf befanden sich Zigtausende kinder- und jugendpornografische Bild- und Videodateien: Nackte Buben bei sexuellen Handlungen und beim „Posing”, aber auch beispielsweise Nackedeis beim Baden in einem Fluss, wobei sich nicht einwandfrei ein pornografischer Hintergrund herleiten lasse. Aber meist mittendrin: Hans B. Auch auf vielen harmlosen Kinder-Gruppenfotos tauchte er auffällig oft auf, so der Sachverständige.

 Für den Prozess wird am 23. Januar fortgesetzt. Dann steht auch noch die Vernehmung des verurteilten brasilianischen Fußballers aus, der in seiner neuen Rolle durchaus zum Kronzeugen der Anklage werden könnte. Bei seiner Vernehmung als Angeklagter hatte er noch behauptet, von den Machenschaften seines einstigen Mentors nichts gewusst zu haben. „Wenn er das gemacht hat, ist er ein Monster”, hatte er scheinbar fassungslos die Anklage kommentiert. 

Landshut