Wie die Lebensmittelindustrie Kinder zu Junkfood verführt
"Für die tägliche Extraportion Fett!"

06.07.2017 | Stand 26.07.2023, 14:32 Uhr

Dass eine dicke Schicht pappsüße Creme zwischen zwei Scheibchen Schokokuchen nicht gerade gesund ist, ist für jeden Erwachsenen klar. Bei Kindern verhält es sich nicht anders und doch werden solche Produkte oft als spezielle Kinderlebensmittel verkauft.

LANDSHUT Hier sind neben den Elternauch die Lebensmittelhersteller in der Verantwortung, dem Nachwuchs eine ausgewogene und gesunde Ernährung zu ermöglichen, der Meinung ist zumindest die Verbraucherorganisation foodwatch. Die Realität sieht anders aus. Das deckte die Verbraucherorgaisation foodwatch nun auf denn sie untersuchte über 1.000 sogenannte Kinderprodukte und präsentierte ihre Ergebnisse am Dienstag in Berlin.

Demnach tragen zu fetthaltige und zu süße Produkte, die oft mit lustigen Comicfiguren und kleinen Geschenken die jungen Käufer anlocken, zu einer massiven Fehlernährung von Kindern bei. „Die Industrie will Kinder so früh wie möglich auf ungesundes Junkfood programmieren“, sagt Anne Markwardt von foodwatch. „Dafür gibt es einen logischen Grund: Mit Obst und Gemüse lässt sich nur wenig Profit machen - mit Junkfood und Softdrinks schon mehr.“ Es rechne sich für die Unternehmen einfach nicht, Obst und Gemüse ans Kind zu bringen und entgegen deren vielformulierten Anspruch zur gesunden Ernährung von Kindern beizutragen, hätten sie größtes Interesse daran, dass möglichst viele unausgewogene Produkte gekauft werden.

Das Ergebnis kann man in vielen Kindergärten und Schulen beobachten: Der Anteil der übergewichtigen Kinder ist im Vergleich zu den 80er- und 90er-Jahren um 50 Prozent gestiegen. Heute gelten 15 Prozent der Kinder als zu dick, 6 Prozent sogar als fettleinig. Das bringt erhöhte Risiken für Diabetes, Herzkreislauf- und andere schwerwiegende Krankheiten mit sich.

Das Widersprüchliche dabei: Vertreter von Süßwaren-Konzernen treten immer wieder als Experten für gesunde Kinderernährung auf und bieten sich als Partner von Staat,  Sportverband und Schule für Anti-Übergewichts- und Bewegungsprogramme für Kinder an. Von den 1.514 getesteten Kinderlebensmitteln fielen fast drei Viertel in die „rote“ Kategorie der aid-Ernährungspyramide, waren also fettige und süße Snacks, die laut den Empfehlungen des Bundesernährungsministeriums nur „sparsam“ verzehrt werden sollten. Die Hersteller stellen damit die Ernährungspyramide geradezu auf den Kopf, denn lediglich 12,4 Prozent waren der „grünen“ Kategorie zuzuordnen.

Dei Verbraucherorganisation foodwatch fordert deshalb, dass die Lebensmittelindustrie absofort mehr Verantwortung übernehmen muss und zwar bei der Produktion ausgewogeger Kinderlebensmittel. Außerdem sollten Süßigkeiten und fettige Snacks nicht länger mit  Comicfiguren und Geschenkbeigaben speziell auf Kinder abzielen.

Es geht um Geld, sogar um eine Menge Geld, und ob hier erfolgreich an die Moral der Lebensmittelindustrie appelliert werden kann ist fraglich.

Landshut