Neue Versorgungsform
Fitnessarmband bei Durchblutungsstörungen

17.10.2017 | Stand 03.08.2023, 1:06 Uhr
−Foto: n/a

In Deutschland leiden rund 4,5 Millionen Erwachsene unter dieser Erkrankung.

DEGGENDORF Wenn Rainer H. einen Stadtbummel macht, werden die Schmerzen in seinen Beinen so unerträglich, dass er alle paar Meter stehen bleiben muss. Der 57-Jährige leidet unter der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit, kurz pAVK, bekannt auch als Schaufensterkrankheit. Bei dieser Erkrankung der Blutgefäße in den Beinen und seltener in den Armen kommt es zu Durchblutungsstörungen durch stark verengte oder sogar verschlossene Gefäße. Ursache hierfür ist meist eine Gefäßverkalkung (Arteriosklerose). Durch die gestörte Durchblutung verschlechtert sich die Sauerstoffversorgung der Muskeln in Beinen und Armen. Die Folge: Schmerzen bei Belastung an den Füßen, den Waden, Oberschenkeln oder am Gesäß, ferner Kälte und Blässe der betroffenen Extremitäten sowie schlecht heilende Wunden.

In Deutschland leiden rund 4,5 Millionen Erwachsene unter dieser Erkrankung, darunter mehr Männer als Frauen. Zu den Risikofaktoren zählen Diabetes, Übergewicht, Bluthochdruck, erhöhte Blutfettwerte und vor allem Rauchen. Raucher haben ein erheblich höheres Risiko für eine Arteriosklerose und damit für einen akuten Arterienverschluss. Tückisch: Symptome einer pAVK zeigen sich oft erst, wenn 90 Prozent eines Gefäßes verengt sind. Zudem kann eine Arteriosklerose als häufigste Ursache schwerer Durchblutungsstörungen alle Blutgefäße des Körpers betreffen. Sind die herz- und hirnversorgenden Schlagadern betroffen, kann es zu Folgeerkrankungen wie der koronaren Herzkrankheit oder dem Auftreten eines Schlaganfalls kommen. Auch die Gefahr von Amputationen besteht. Die Lebenserwartung Betroffener ist im Schnitt um zehn Jahre verkürzt. „Patienten, die unter einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit leiden, sind nachweislich unterversorgt“, sagt Corinna Beutel, Leiterin Versorgungsmanagement der KKH Kaufmännische Krankenkasse. Daher hat die KKH für diese Zielgruppe ein neues Versorgungskonzept entwickelt, das aktuell vom Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses gefördert wird. Bei diesem neuen Versorgungskonzept profitieren die Versicherten von verschiedenen Versorgungsbausteinen, deren Wirksamkeit im Rahmen einer Studie erforscht werden soll. Bausteine sind z. B. besondere Präventionsangebote und spezielle Kurse sowie ein strukturiertes, telemetrisch unterstütztes Gesundheits-Coaching.

Patienten mit dem Baustein Coaching erhalten ein Fitnessarmband, das Daten wie Gehstrecke und Herzfrequenz erfasst. Diese werden an die Gesundheitscoaches der Krankenkasse übermittelt. Anhand der gewonnenen Daten beraten die Coaches die Patienten zur pAVK sowie zum täglichen Gehtraining nach einem vorab vom behandelnden Arzt erstellten Gehplan. „Die Patienten werden im Rahmen des Coachings aktiv in den Behandlungsprozess eingebunden, um ihre Gesundheitskompetenz, ihre Mobilität und damit ihre Lebensqualität zu steigern“, erklärt Corinna Beutel. Auch Tipps für einen gefäßgesunden Lebensstil gehören dazu, damit Folgeerkrankungen vermieden und Risikofaktoren minimiert werden. Denn das Gewicht zu reduzieren, mit dem Rauchen aufzuhören, sich regelmäßig zu bewegen und fettarm, vitamin- und ballaststoffreich zu ernähren sind entscheidend für eine erfolgreiche Therapie.

Ein Ziel, das auch durch besondere Präventionsangebote und spezielle Kurse erreicht werden soll. Partner der KKH in dieser neuartigen Versorgungsform sind die Techniker Krankenkasse, die mhplus Betriebskrankenkasse, das Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart, Philips Healthcare und I.E.M. Industrielle Entwicklung Medizintechnik als technische Partner sowie das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf als evaluierendes Institut. Weitere Informationen erhalten Interessierte unter www.kkh.de/pAVK.

Deggendorf