Abensbergs Haushalt als „Patient” aus Sicht der FDP
FDP kritisiert „Lähmungserscheinungen”

08.07.2017 | Stand 02.08.2023, 6:45 Uhr
−Foto: n/a

Abensbergs Haushalt wurde am Mittwochabend von Dr. Heinz Kroiss für die FDP bewertet. Aus Sicht eines Arztes attestierte Kroiss, der Haushalt habe „Läus und Flöh”, Kritik am Ex-Kämmerer Maier eingeschlossen.

ABENSBERG Der Haushalt der Stadt Abensberg 2014 stand in der Stadtratssitzung am 26. Feb 2014 auf der Tagesordnung. Für die FDP-Fraktion nahm Dr. Heinz Kroiss Stellung; seine Rede ist nicht nur geprägt vom haushalt, sondern ist, wie allgemein üblich, auch als Abrechnung mit dem politischen Gesamtgeschehen zu sehen. Die Redaktion hat die Haushaltsrede von Claudia Ziegler (Sprecherin SPD-StadtratsfraktionAbensberg) bereits online, weitere werden angefordert.

Hier nun die ungekürzte Rede des Dr. Heinz Kroiss aus Abensberg

„Sehr geehrter Herr Bürgermeister, liebe Stadtratskollegen,

Lassen sie mich als Arzt den Haushalt für das Jahr 2014 betrachten wie einen Patienten, der mir anvertraut wurde – allerdings nicht mir allein, sondern dem Ärzteteam des Finanzausschusses mit den leitenden Ärzten Handschuh, Poschenrieder und Dr, Brandl.

Zunächst ist festzustellen, dass die Vitalität des Haushaltes zu wünschen übrig lässt – bei der Bewegungsprüfung schafft der Proband keine großen Sprünge, bestenfalls ist er zu kleinen Trippelschritten - und zwar auf der Stelle - in der Lage. Als Arzt fragt man sich – liegt dem eine Mangelernährung zugrunde oder eine zehrende Krankheit, oder funktioniert- wie beim Parkinsonsyndrom die zentrale Bewegungssteuerung nicht? Ich fürchte, Patient Haushalt hat mehrere Diagnosen, also „Läus und Flöh“.

Dass der Haushalt trotz gestiegenem Einkommensteueranteil und staatlicher Unterstützung mit den Schlüsselzuweisungen eine Mangelernährung ausweist. liegt an den vergleichsweise niedrigen Gewerbesteuereinnahmen; die anderen Städte im Lkr, also Neustadt, Kelheim und Mainburg haben die doppelten bis dreifachen Einnahmen, d.h. ca 3 Mio € jährlich mehr, wir in Abensberg liegen auf dem Niveau von Herrngiersdorf. Der Diätberater gegen diese Mangelernährung, ob Bürgermeister oder Citymanager müsste eine Willkommenskultur für Betriebe zur Chefsache machen. Dieses Aufpäppeln des mangelernährten Haushaltes durch Gewerbesteuern braucht Zeit, Geduld und Energie – v.a aber einen Ernährungsberater, der sich extra darum annimmt – ich habe das im Abensberger Haushaltsärzteteam öfter angemahnt.

Aber auch die zehrenden Krankheiten setzen unserem armen Haushalt zu. Da ist der Bandwurm Kreisumlage, der schon vor der Verdauung einen guten Teil der Ernährung wegfrisst. Der Appell der FDP-Fraktion im Kreistag zu einer sorgfältigen Wurmkur wurde leider von der großen Mehrheit des Kreistages abgelehnt, wohl weil die Beschäftigung mit den Bandwürmern halt für einen Arzt nicht sehr sexy ist. Zusätzlich wird unser Haushalt auch noch von einer zu hohen Soffwechselleistung – wie bei einer Schilddrüsenüberfunktion – ausgezehrt. Ausgaben wurden seit vielen Jahren einfach vom Vorjahr fortgeschrieben, ohne dies nach Art eines guten Stoffwechselspezialisten jedesmal einem Laborcheck zu unterziehen. Ich hatte im Finanzausschuss gefordert, dass wir die sowieso anberaumte zweite Haushaltssitzung zu so einem Check nutzen sollten, in dem alle laufenden Ausgabenposten abgeklopft werden sollten. Es wurde von den leitenden Ärzten Handschuh und Poschenrieder die Notwendigkeit einer solchen Maßnahme bestätigt – jedoch wurde sie auf das nächste Jahr verschoben. Das vorzeitige Dienstende der Ärzte bei kranken Patienten entspricht nicht meiner ärztlichen Pflichtauffassung.

Zuletzt noch die zentrale Bewegungsstörung des Haushaltes . Die Steuerung durch das bisherige Haushaltsgehirn namens ABBA (früher Hans Maier) war z.T durch Lähmung gekennzeichnet. So wurde z.B. der Kämmerer bereits vor 5 Jahren auf unerklärliche und nicht begründete Haushaltsüberschreitungen hingewiesen, die jahrelang dennoch fortbestanden und begründet wurden mit der Aussage : „Ich habs schon aufgegeben“. Ähnliche Lähmungserscheinungen haben wir in der letzten Stadtratssitzung von der Referentin des Gemeindetages bezüglich der seit 11 Jahren nicht vollzogenen Abschreibung der Zuschüsse im Abwasserbereich gehört oder vom kommunalen Prüfungsverband bezüglich nicht rechtskräftiger Gebührensatzung.

Zusammenfassende Diagnose: mangelernährter und ausgezehrter Patient Haushalt. Leider bisher zögerliche oder fehlende Behandlung im Zuständigen Ausschuss. Ich habe dort gesagt, dass die Entlassung des Patienten verfrüht ist und deswegen gegen den Empfehlungsbeschluss gestimmt .

Lassen Sie mich nochmal zusammenfassen: der Haushalt der Stadt Abensberg ist geprägt von der Fortschreibung der Ansätze der letzten Jahre, von geringen Investitionen und dennoch nur sehr langsamer Schuldenrückführung. Wir brauchen dringend mehr Spielraum für die wichtigen Ausgaben der Infrastruktur in den nächsten Jahren (Strassen, Energie, Bildung, Senioren..) Daher muss der Haushalt durchforstet werden nach Reserven – ob freiwillige Leistungen oder inzwischen weniger wichtig gewordenes. Ich wollte das, die Mehrheit wollte das erst nach der Kommunalwahl – wenn überhaupt. Das ist nicht nachhaltig und deshalb werden wir dem Haushalt nicht zustimmen.”

            

Kelheim