EU-Kommissions-Vizepräsidentin bei BMW Dingolfing
Europa gemeinsam weiterbauen

06.07.2017 | Stand 27.07.2023, 22:59 Uhr
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Im BMW Werk Dingolfing zu Gast beim "Wirtschaftsdialog Niederbayern-Europa" mit einheimischen Wirtschaftsvertretern war am Freitagvormittag die Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, Viviane Reding aus Luxemburg.

DINGOLFING Europapolitik „von oben“ ist nicht mehr zeitgemäß, die Bürger müssen künftig wesentlich mehr eingebunden werden – davon zeigte sich Viviane Reding, Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, beim „Wirtschaftsdialog Niederbayern-Europa“ im Dingolfinger BMW-Werk am Freitag überzeugt.

Die EU-Justizkommissarin war der Einladung des niederbayerischen CSU-Europaabgeordneten Manfred Weber gefolgt, vor und mit heimischen Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zu sprechen. Der Ort dazu hätte kaum besser gewählt sein können, wie das Eingangsstatement von Werkleiter Wolfgang Stadler zeigte. BMW verkaufe trotz steigenden Exports in die USA und nach China, der dem Autobauer trotz Euro-Krise den „besten Oktober aller Zeiten“ beschert habe, nach wie vor die meisten Autos in Europa. Der Konzern profitiere „massiv“ von der europäischen Integration und der gemeinsamen Euro-Währung. In Dingolfing, so Stadler, werde man weiter kräftig investieren: So stellte er den baldigen Beginn der „Westerweiterung“ des Werks in Aussicht.

Frau Reding betonte im Anschluss ebenfalls, wie wichtig der Binnenmarkt gerade für den „Netto-Profiteur“ Deutschland sei: Jeder zweite Arbeitsplatz sei an den Export im Binnenmarkt gebunden. Nach zehn Jahren Euro und 20 Jahren Binnenmarkt habe die EU mit der ersten Online-Bürgerbefragung im Mai diesen Jahres ihre Politik „umgedreht“. Statt Beschlüssen „von oben“ sei eine stärkere Beteiligung der Bürger Europas in Zukunft unumgänglich.

Von zwei Dingen sei sie fest überzeugt: Dass der Euro unumkehrbar sei, und dass die 1992 in Maastricht etablierte Struktur der Europäischen Union schwere Mängel aufweise. So sei eine gemeinsame Währung ohne einen europäischen „Finanzminister“ und ohne eine europäische Wirtschaftsregierung ein Fehler gewesen, wie sich nun an den Verwerfungen im Euroraum zeige. Europa müsse dennoch sein Licht nicht unter den Scheffel stellen: Man müsse die Union „mit Drive“ weiterbauen, „damit die späteren Generationen sagen, ’die waren damals nicht so schlecht‘“.

Alexander Hagelücken, Leiter des Finanzteils der „Süddeutschen Zeitung“ und ausgewiesener Europa-Experte, moderierte die anschließende Fragerunde. Die verdeutlichte die enge Verknüpfung von Politik auf regionaler und europäischer Ebene, etwa bei der Frage von Walter Strohmaier, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Niederbayern-Mitte, nach der geplanten Bankenunion. Die brauche man, so Reding, nach den Erfahrungen der weltweiten Finanzkrise unbedingt, was aber nicht heiße, dass jede Sparkasse unter Bankenaufsicht stehen solle, sondern nur „systemrelevante Banken“. Bestimmte Handelshemmnisse, auch das machte Reding klar, liegen an unterschiedlichen Rechtsvorschriften in den Mitgliedsländern, was in Bereichen wie dem Steuerrecht nur mit Einstimmigkeit und damit äußerst schwer zu ändern ist. Hier müsse man zu Mehrheitsentscheidungen finden.

Das passende Schlusswort für die Veranstaltung fand der Gastgeber: Man müsse Begeisterung für Europa wecken und es nicht auf budgetäre Fragen reduzieren. Wesentlich sei eine gemeinsame freiheitlich-demokratische Grundordnung. Dann ließen sich auch finanzielle Probleme leichter lösen, so Wolfgang Stadler.

Dingolfing-Landau