Guttenberg-Buch
Es war kein Betrug“: Rechtfertigung eines Trotzigen

06.07.2017 | Stand 13.09.2023, 4:48 Uhr

Unter Androhung von bis zu 100.000 Euro Strafe gibt der Verlag Herder bereits die Druckfahnen des neuen Buches „Vorerst gescheitert“ heraus. Doch weil Zeit-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo das Interview mit Karl Theodor zu Guttenberg führte, darf auch die altehrwürdige Hamburger Wochenzeitung einen Vorabdruck der Guttenberg-Apologie veröffentlichen. „Es war kein Betrug“, lautet die Überschrift. Die Rechtfertigungen eines Trotzigen folgen.

DEUTSCHLAND _25 WELT Die wichtigste Frage vorweg: „Wollen Sie sich nach einer Rückkehr (nach Deutschland, d. Red.) wieder politisch engagieren?“, fragt die Lorenzo. Zu Guttenberg erwidert: „Ob eine Rückkehr mit einem politischen Engagement auch immer verbunden sein wird, ist heute gänzlich offen“, sagt zu Guttenberg. „Dass ich ein politischer Mensch bin, ein Zoon politikon, bleibe, steht außer Frage.“ Zu Guttenberg hält sich also alles offen.

Doch wie steht es mit einer Entschuldigung? Weil er abgeschrieben hat?

„Es steht völlig außer Frage, dass ich einen auch für mich selbst ungeheuerlichen Fehler begangen habe, den ich auch von ganzen Herzen bedauere“, sagt zu Guttenberg zum Beichtvater die Lorenzo. „Das ist in dieser hektischen Zeit damals auch ein Stück weit untergegangen. Ebenso, wie man sich damals bereits entschuldigt hat.“

Wie man „sich damals bereits entschuldigt hat?“ Reue, die von Herzen kommt, sieht wahrlich anders aus.

Dann folgen lange Ausführungen zu Guttenbergs, in denen er schildern darf, warum seine Doktorarbeit, ausgezeichnet mit der herausragenden Note „Summa cum Laude“, in insgesamt 23 juristisch gesicherten Teilen reinstes Plagiat war: „Das heißt, dass ich nach einer Anfangsphase, in der ich mich intensiver mit der Dissertation beschäftigt habe, plötzlich Zeiträume von mehreren Monaten gab, in denen ich mich teilweise überhaupt nicht mehr mit der Arbeit befasst habe“, verteidigt sich zu Guttenberg, „In dieser Zeit ist bereits ein grundlegender Fehler angelegt, nämlich meine Arbeitsweise.“ Dann stellt zu Guttenberg noch die unglaubliche Zahl von 80 Datenträgern auf, auf denen er seine „Patchwork-Arbeit“ verteilt habe. Getäuscht habe er nicht: „Das ist der Vorwurf, der mich am meisten trifft, ein Vorwurf, dem ich begegnen will und begegnen muss: Wenn ich die Absicht gehabt hätte, zu täuschen, dann hätte ich mich niemals so plump und dumm angestellt, wie es an einigen Stellen der Arbeit der Fall ist.“ Aha. Unabsichtlich also.

Die juristische Bewertung des Falls zu Guttenberg war für die Staatsanwaltschaft Hof jedenfalls nicht einfach. Das Verfahren wurde gegen eine Geldbuße von 20.000 Euro eingestellt. Öffentlich hat man das zwei Tage vor der ersten Ankündigung des Buches mit zu Guttenberg gemacht – ein famoses Timing des „vorerst gescheiterten.“

An den Universitäten hat der Fall zu Guttenberg nur vordergründig zu Änderungen geführt. Das eigentliche Manko, die mangelnde Betreuung von Promovenden, wird man die nächsten Jahre kaum angehen. Vielmehr hat man versucht, in einer Art vorauseilendem Gehorsam klar zu machen, dass man neben dem Beruf nicht promovieren kann – dabei verkennt man doch den Kern des Problems: Dass immer mehr Professoren im Elfenbeinturm sitzen. Man sollte vielmehr dafür sorgen, dass die Zahl der Promovenden nicht auf den Lieblingskreis der Professoren beschränkt ist – denn genau das scheint ja das Problem bei zu Guttenberg gewesen zu sein.

An der Uni Regensburg findet jedenfalls am 9. Dezember eine Fachtagung unter dem Titel „Fremde Federn. Das Plagiat als Herausforderung für Wissenschaft und Gesellschaft“ statt. Mit dabei ist neben dem Regensburger Strafrechtler Henning Ernst Müller auch Prof. Stephan Rixen, Vorsitzender der Kommission „Selbstkontrolle in der Wissenschaft“ der Uni Bayreuth, wo zu Guttenberg promovierte. 

Regensburg