Kirche
Erzbischof Müller: Fest im Sattel – und im Amt

07.07.2017 | Stand 13.09.2023, 3:41 Uhr
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Glaubenspräfekt Gerhard Ludwig Müller kommt zum Pfingstritt nach Bad Kötzting. Nach ersten Konflikten im Klerus setzt er sich jetzt durch.

REGENSBURG _25 ROM Erzbischof Gerhard Ludwig galt in seiner Zeit als Regensburger Bischof nicht jedem als Menschenfreund, an seiner Durchsetzungskraft indes zweifelte nie jemand. Doch die Mechanismen der Kurie waren dem gebürtigen Pfälzer nicht sofort eigen. Das scheint sich nun geändert zu haben.

Noch vor dem Rücktritt Papst Benedikts, der Müller Mitte letzten Jahres auf einen der wichtigsten Posten der Weltkirche beförderte, bremste ihn ein südamerikanischer Erzbischof massiv aus. Der hatte verfügt, dass sich die ehemals „päpstliche Universität von Lima“ nicht mehr katholisch nennen dürfe. Müller rügte den Erzbischof per Fax, was den bis heute zweit mächtigsten Mann im Vatikan, Kardinal Tarcisio Bertone, auf den Plan rief. Der machte Müller vor mehreren Kurienkardinälen und Präfekten zur Minna. Müller scheint aus diesem Machtgerangel gelernt zu haben. Erstens kommt Müller, dem Kenner der Kirche Lateinamerikas, zugute, dass mit Franziskus ein Argentinier auf dem Heiligen Stuhl sitzt. Zweitens scheint er gelernt zu haben, dass auch im Vatikan die Lesart zwischen den Zeilen steht.

Nur so kann man es sich erklären, dass Müller kürzlich einen Disput mit einem weiteren Präfekten der Kurie, dem Kardinal João Braz de Aviz, als Sieger beendete. Aviz hatte sich in einem Interview zitieren lassen, das man so lesen konnte, dass es zwischen seiner Präfektur und Müllers Glaubenskongregation eine Meinungsverschiedenheit gibt. Bereits unter Benedikt hatte Müller sich den Verband der Ordensschwestern in den USA unter die Lupe genommen. Darin sind 46.000 Nonnen organisiert. Doch die Nonnen stehen unter dem Verdacht, bei katholischen Positionen „nicht päpstlicher als der Papst“ zu sein, wie man es im Volksmund wohl nennen würde. Man fühlt sich geradezu erinnert an Whoopi Goldbergs Betschwestern in „Sister Act“: „Die Glaubenskongregation verdächtigte den amerikanischen Verband, die römisch-katholische Position nicht mehr vollends zu vertreten. Vor allem in den Fragen um Frauenordination, Verhütung, Abtreibung und Homosexualität habe der Verband die Linie der katholischen Kirche verlassen“, beschrieb Radio Vatikan das angespannte Verhältnis jüngst. Müllers Präfekten-Kollege Aziz jedenfalls hatte sich bei den Schwestern, von denen viele die Ordenstracht zwischenzeitlich nicht mehr tragen wollen, „angebiedert“, wie es aus dem Vatikan hieß.

Wann wird Müller nun zum Kardinal? Der Frontalangriff zielte auf Müllers harte Hand. Der Brasilianer hatte offenbar gehofft, den Papst auf seine Seite zu bekommen – doch Franziskus stärkte Müller den Rücken. Aziz musste zurück rudern. Ja, das Muskelspiel der mächtigen Kirchenmänner ging sogar so weit, dass das Presseamt des Heiligen Stuhls eine Pressebulletin mit faktischer Entschuldigung Aziz‘ gegenüber Müller veröffentlichte. Wann nun der Glaubenspräfekt, dessen Mail-Adresse aus seinem Sekretariat nach wie vor mit „Cardinal Prefetto“ versehen ist, endlich zum Kardinal „kreiert“ wird, steht noch nicht fest. Sicher ist: Müller ist angekommen. Und solange Benedikt noch lebt, wird ihn Franziskus auch nicht abberufen. Außer vielleicht doch nach Köln als Kardinal – wenn dorthin nicht schon Georg Gänswein geht.

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